Warum ich Matthias Mayer beneide
Weil er mexikanischer Meister ist, mit Netrebko werben darf und er sich den Neid erarbeitet hat..
Man könnte meinen, dass ich und Matthias Mayer nicht viel miteinander zu tun haben. Er gehört zur jungen wilden Generation von österreichischen Abfahrern, die in einer Zeit Rennen fahren, in der ich durch die strengen FIS-Regeln schon lange aus diesem Bewerb ausgeschlossen wurde und zum Zusehen degradiert bin. Aber nichtsdestotrotz ist Matthias Mayer einer jener Rennläufer, die irgendwann einmal schüchtern zu mir gekommen sind.
Matthias begann mit den Worten: "DU, DER PAPA LÄSST DICH SCHÖN GRÜSSEN. IHR SEID ZUSAMMEN EINMAL RENNEN GEFAHREN."
Ich fragte den Jungen neugierig: "... Ah... Ja... Wo denn genau? Und wie heißt denn dein Papa?"
Matthias: "ES WAR IN CALGARY 1988. ER IST DER HELI MAYER."
Ich: "... Ah... Ja... Cool. Lass ihn auch schön grüßen und hoffentlich sieht man sich wieder."
Leider häufen sich Erlebnisse dieser Art von Norwegen bis Schweden, von Argentinien bis Italien. Irgendwelche talentierte Nachwuchsracer lassen mich vom Papa schön grüßen.
Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass ich auf einsamen Sesselliftfahrten mir nicht überlegt hätte: "Was mach’ ich eigentlich noch hier?" Und ob es nicht an der Zeit sei, mich im Winter etwas Intellektuellerem zu widmen als dem Skifahren.
Mayer & Mexiko
Matthias Mayer hat einiges, worum ich ihn beneide. Erstens ist er der einzige und authentische mexikanische Super-G-Meister. 2009 wurden die mexikanischen Meisterschaften, bei der auch Nicht-Mexikaner starten durften, in Innerkrems ausgetragen. Dort gewann Matthias vor Steven Nyman den sehr seltenen Titel. Der wurde bis zum heutigen Tag erst ein Mal ausgefahren. Also ist Mayer noch immer amtierender mexikanischer Meister. Olympiasieger werden laufend neue gekürt, und – obwohl das sicher eine sehr bedeutende Auszeichnung ist – irgendwann ist der nächste dran. Matthias hat mir übrigens gebeichtet, dass er den Sombrero, den er damals als Preis gewann, sorgfältig neben der Goldenen aufbewahrt, die er in Sotschi gewonnen hat. Die Flasche Cuervo-Tequila allerdings ist einer Fete mit Freunden zum Opfer gefallen.
Mayer & Netrebko
Aber es gibt leider noch einen viel wichtigeren Grund, warum ich Matthias Mayer beneide. Sie werden es nie erraten – oh Neid, ich erblasse: Matthias ist Testimonial einer Fluglinie. Einer heimischen Fluglinie, sie heißt Austrian Airlines, und er teilt die Rolle des Testimonials auch noch mit einer gewissen Anna Netrebko. Wie soll ich das alles auf einmal verkraften?
Ich, der kosmopolitische Weltenbummler, der stylische Dokumentarreisefilme in der ganzen Welt dreht, muss zuschauen, wie der wilde Kärntner Bua mit der Netrebko von den Plakaten runtergrinst.
Und wie er, in der Businessclass sitzend, sich verwöhnen lässt. Denn am meisten weh tut es, wenn ich mir vorstelle, wie er bei der AUA-Hotline anruft und sagt: "Ich bin Matthias Mayer, ich würde gerne morgen mal nach Chicago fliegen – auf Sitz 1 A und 1 B." Wenige Sekunden später ist die Buchungsbestätigung auf seinem Mail. Ich bin so neidisch, dass es eigentlich wehtut und ich schnell an etwas anderes denken sollte. Lindern tut diesen Schmerz nur der Gedanke, dass es einen richtig sympathischen, offenen, coolen Österreicher getroffen hat, dieses Privileg zu genießen.
Er hat ja auch in Russland die wichtigste Goldmedaille für Österreich geholt. Und Anna hat bei der Eröffnungsfeier auch phänomenal ihre Arie in die Welt geschmettert.
Mayer & Feier
Das Letzte, worum ich Matthias noch beneide, ist sicherlich die Tatsache, dass er bei den legendären Head-Partys nach den Rennen in den Skicontainern oder Kellern immer das Bier vor mir angeboten bekommt, vom Speck den besten Teil abschneiden darf und von der guten Seele des Head-Rennsports, Verena, mit ganz verklärten Blicken gewürdigt wird.
Aber in 33 Jahren Rennsport habe ich gelernt, dass man sich Neid hart erarbeiten muss. Auch den von einem nicht ernst zu nehmenden mexikanischen Rivalen.
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