Stürzt der König im eigenen Reich?

Warum ich diesen – trotz aller seiner Erfolge – netten Typen von Nebenan in der Stilfrage favorisiere.

von Hubertus Hohenlohe

über Ted Ligety

Wenn ich mir aussuchen könnte wessen Skifahrers Stil ich stehlen könnte, dann ist es nicht Marcel Hirscher, dessen Bewegungen so flink und beweglich ausschauen, dass es unrealistisch ist, sich je so bewegen zu können wie er.

Nein, es ist nicht Bode Miller der oft so weit hinten sitzt, dass man schon nach vier gefahrenen Toren keine Kraft mehr hat, um die Ski um die Kurve zu carven.

Für mich ist es definitiv der Stil des Königs des Riesenslaloms, den ich mir für ein paar Tage ausleihen würde. Seine unnachahmliche Art, die Kurve mit einem eleganten Hüftknick und einer flüssigen Bewegung viel früher als andere zu starten, dann auf einmal wie aus dem Nichts seinen ganzen Körper nach vorne zu bewegen, um die nächste Kurve wie eine afrikanische Raubkatze in Angriff zu nehmen. Die Art und Weise, wie er die Wellen in den Kursen schluckt, um noch mehr Geschwindigkeit aufzunehmen. Wie sein präzises Auge die Linie schon vorher in den Schnee meißelt, bevor er dann auch wirklich auf dieser Linie herunterrast.

Taktik statt Eis

Ich will ein paar Tage so wie König Ted fahren. Wie Ted Ligety.

Ted könnte heute in seinem eigenen Reich und auf einer von ihm sehr geliebten Piste entthront werden – aber noch ist es nicht so weit.

Stürzt der König im eigenen Reich?
Ted Ligety

Wer weiß, was der König für eine Strategie im heutigen WM-Rennen an den Tag legen wird, um auf der Birds of Prey den unerträglich starken Marcel Hirscher oder den Lieblingsschwiegersohn aller Bayern,Felix Neureuther, noch einmal auf Distanz zu halten.

Vorsichtshalber haben die Amerikaner den Kurs nicht vereist, weil es Marcel Hirscher so sehr liegt, auf solch einem beinhartem Untergrund zu fahren.

Ted ist trotz all den Medaillen, Reichtum und Titeln der nette Typ von Nebenan geblieben, immer besonnen, hilfsbereit und aufmerksam.

Seine Helm- und Skibrillenfirma haben ein viel progressiveres, jüngeres und cooleres Image als er selbst lebt. Einen Investmentfirma, die konservative Geldanlage verspricht, ist nicht auffällig sein langjähriger Kopfsponsor.

Ob bei den Winterspielen in Sotschi oder bei den Weltmeisterschaften in Garmisch 2011 oder in Schladming 2013 – im Riesenslalom hieß bei den letzten drei Großereignissen der Sieger stets Ted Ligety. Der erste ganz große Erfolg war dem US-Amerikaner allerdings in der Kombination gelungen, als er 2006 in Sestriere Olympiasieger im alpinen Vielseitigkeitsbewerb (vor Ivica Kostelic und Rainer Schönfelder) wurde.

Ted Ligety hat ungarische Vorfahren. Er wurde am 31. August 1984 in Salt Lake (Utah) geboren, aufgewachsen ist er in Park City, wo der US-Skiverband seine Zentrale hat und 2002 die Torläufe der olympischen Winterspiele stattfanden. Dort meldete sich der damals 17-Jährige als Vorfahrer. Ein Jahr später stürzte Ligety bei der Junioren-WM sowohl im Slalom als auch im Riesenslalom. Dennoch nahm ihn der US-Verband danach in seinem Förderkader auf.

Der erste Weltcupsieg gelang Ligety im März 2006, als er sich drei Wochen nach dem olympischen Kombi-Erfolg im Riesenslalom von Yongpyong (Südkorea) durchsetzte. Insgesamt hat Ligety 24 Weltcupsiege gefeiert und bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sechs Mal Gold geholt.

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