Stoßgebet

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Wie wild zerrte ich an meinem Knopfloch, bezeichnete es als vermaledeit, wollte es schlagen

von Karl Hohenlohe

über das Ehrenzeichen

Panik, kalter Schweiß, fassungslos betrachte ich mein störrisches Knopfloch. Dabei waren die Direktiven klar und eindeutig gewesen.

Ausnehmend höflich hatte man mich in schriftlicher Form dahingehend in Kenntnis gesetzt, dass der Herr Minister die Miniaturform der Auszeichnung persönlich am Revers befestigen würde, und mich gebeten, vorab für eine stressfreie Perforierung zu sorgen.

Dies übrigens vollkommen zu Recht, ich habe im Laufe der Jahrhunderte etliche Ehrungen erlebt, wo Minister, Staatspräsidenten und Kulturstadträtinnen minutenlang an Kleidern und Anzügen nestelten, um dann vom Protokoll als ungeschickt enttarnt zu werden, um die Durchstoßung des Stoffes berufeneren Sektionschefs zu überlassen.

Das kommt nicht gut, Volksvertreter und Geehrter sind dann gleichermaßen indigniert, und vom Festakt bleibt nur noch der Akt über. Wie wild zerrte ich an meinem Knopfloch, bezeichnete es als vermaledeit, wollte es schlagen, aber das Knopfloch schien vollkommen unberührt. Es war verschlossen wie Ronald Biggs, als man ihn nach dem Verbleib seiner Raubbeute befragte, aber es war kurzsichtig, wie die meisten Knopflöcher nun einmal sind.

Wie aus dem Nichts stand plötzlich der Ehrenzeichen-Experte Mag. Hagspiel vor mir, zückte eine Schere „aus Privatbesitz, sie gehört nicht dem Ministerium“ und die kommenden 24 Sekunden verbrachte ich in Todesangst. Verehrte Leserschaft, ich überlebte, und obwohl kein einziger Tropfen des Lebenssaftes floss, habe ich, was Ehrenzeichen anbelangt, Blut geleckt.

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