Stoffwechsel

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Die Kleidung eines Menschen sagt natürlich mehr über seinen Charakter aus als seine Memoiren.

von Karl Hohenlohe

über Harnoncourt Holzfällerhemd

"Sie haben", schreibt Frau Dr. Erika D. aus W., "kürzlich das Holzfällerhemd von Herrn Harnoncourt erwähnt. Das ist der Gipfel der Oberflächlichkeit." Ja, natürlich.

Der Gesellschaftsredakteur lebt von der Ernte an der Oberfläche, die Tiefe ist ihm verwehrt, er schwimmt, darf aber nicht tauchen. Dies klingt nicht nur kokett, es ist es auch.

Die Kleidung eines Menschen sagt natürlich mehr über seinen Charakter aus als seine Memoiren. Es kann also nicht egal sein, ob Putin einen Strohhut oder Stahlhelm trägt, Heinz Fischer eine Latzhose oder Bruno Aigner eine Krawatte.

Allein die Farbe des Krawattenknopfes lässt Rückschlüsse auf den Gemütszustand seines Trägers zu.

Hat er Rot gewählt, ist heute nicht mit ihm zu spaßen, trägt er Schwarz, könnte ein Friedhofsbesuch auf dem Programm stehen. Trägt er gar keine Krawatte, sind ihm Konventionen zuwider.

Wenn Nikolaus Harnoncourt ein Holzfällerhemd trägt, darf man als Gesellschaftsherold nicht daran vorbeigehen.

Es ist rotschwarz kariert und von jener Sorte, wie es die Forstadjunkten in Kanada tragen, wenn sie "Timber!" rufen.

Es verleiht dem feinsinnigen Herrn Harnoncourt, der mit dem Zucken seines kleinen Fingers Dur in Moll verwandeln kann, etwas Derbes, das wir so nicht von ihm zu kennen glauben. Es gewährt einen tiefen Blick in die Unweiten seines vielschichtigen Charakters.

Oder aber ist es eine Laune des Zufalls, ein ungeplanter Griff in den Kleiderkasten, weil es dem Maestro von Herzen wurscht ist, ob er Satin, Filz oder Flanell trägt.

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