Eine sonore Stimme, nichts Gekünsteltes, der Triumph der Normalität.

von Karl Hohenlohe

über die neue akustische Linie der Wiener Linien

Morgen stirbt Franz Kaida. Er wird weiteratmen, weitersprechen, weiter einkaufen und weiter fernsehen, uns aber wird er wie vom Erdboden verschluckt erscheinen.Ich weiß nicht, wie lange Franz Kaida gedient hat, gefühlt war es ein ganzes Menschenleben oder sogar zwei.Er war immer da, am Morgen, zu Mittag und am Abend, er war auch da, wenn man ihn nicht gebraucht hat, er war auch da, wenn man ihn nicht gerufen hat.Franz Kaida erschien, wenn es ihm die Gassen geboten, dann hatten er und sie ihren Auftritt und schon war es wieder vorbei. Franz Kaida hat sich so in das Gedächtnis der Wiener eingegraben, dass wir seine Stimme vor Augen haben.Eine sonore Stimme, nichts Gekünsteltes, der Triumph der Normalität.Niemals hat uns Franz Kaida einen Bären aufgebunden, niemals hat er uns seine Seelenzustände spüren lassen, er war im wahrsten Sinn des Wortes linientreu.Das Besondere an Franz Kaida war, dass er uns immer unterwegs begleitete, mit uns auf kleine Reisen ging und uns vor mancher Verirrung bewahrte.Hörten wir einmal nicht auf ihn, schon wurde uns die Straße zur Kurve, der Platz zur Remise, der Weg zur Sackgasse. Franz Kaida hatte all die Jahrzehnte nur einen einzigen wirklichen Feind, so wie Nosferatu das Licht scheute, wie der Beelzebub das geweihte Wasser, war die Stille die einzige Kraft, die Herrn Kaida Einhalt gebieten konnte.Ab morgen ist sie übermächtig geworden und eine andere Person wird die Durchsagen der Wiener Linien lesen. 

Kommentare