Schlachtplatte

Kürzlich sagte Herr Otto Schenk zu Herrn Christian Reichhold, der "Radetzkymarsch" wäre ja eigentlich für Pferde komponiert worden, hätte die Revolution niedergetrampelt und daher reize ihn das Dirigieren vom Schauspielerischen her.

War das eine Ansage, einer der größten Schauspieler Österreichs würde gleich in der Television zum Taktstock greifen und vorgeben, dieses berühmte, nicht unblutige Stück österreichischer Musikgeschichte zu befehligen.

Mit größter Erwartung saß ich vor dem Schirm, schon sah ich Schenk in wütender Pose, den Dirigentenstab als Saufeder nutzend, jedes einzelne Orchestermitglied, stellvertretend für Revolutionäre, niedermetzelnd, Schaum vor dem Mund, augenrollend, verschwitzt, herrisch, diabolisch, saugrob und sinister.

Aber es kam anders, ganz anders.

Otto Schenk wiegte sich bedächtig im Takt, schien bei vereinzelten Melodiebausteinen mitzusummen, weich und voller Charme schnitt sein Taktstock die Luft und als einsamer Höhepunkt, genau nach dem "datadám datadám datadám damdám", lächelte er leise.

Schon wollte mich der Zorn übermannen, da erkannte ich den Geniestreich, dem ich eben beigewohnt hatte.

Die Heerführer, die gewöhnlich Revolutionen niederschlagen, sind oft keine Wüstlinge, sondern augenscheinlich Kavaliere, Gesellschaftslöwen und manche tanzen sogar gerne.

Was hat Herr Moretti Frau Stöckl am Sonntag im Radio zugeraunt? "Hüte dich vor den Harmlosen" – besser kann man es nicht sagen.