Reliquienhandel

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Und auf einmal ist man selbst ein wenig Papst oder Kaiserin.

von Karl Hohenlohe

über Reliquien

Die Nachricht ist ein wenig untergegangen. Als der Papst noch keiner war, besuchte er einmal die Wiener Staatsoper. Man gab „Die Entführung aus dem Serail“. Nun wird man allgemein wissen wollen, wo er saß, damit man vielleicht auch einmal auf dem Stuhle Petri Platz nehmen kann.

Nichts stimuliert unsere Fantasie mehr, als die Gegenstände des Alltags, die einmal von einem Prominenten gebraucht wurden. Es ist nicht nur der Staatsopernsessel, auf dem der spätere Papst Franziskus saß, es ist das Sterbezimmer Beethovens, das im Depot des Wien Museums auf Auferstehung wartet oder der Stein, über den Kaiserin Elisabeth einst stolperte und im Dorotheum für 2180 Euro einen Käufer fand.

Umgibt man sich mit diesen Dingen, glaubt man, erst eine lose Verbindung zu dem Angebetenen zu spüren, und auf einmal ist man selbst ein wenig Papst oder Kaiserin und hat an der Neunten mitgefeilt. Man kann sich an den unterschiedlichsten Reliquien berauschen, vom Schaurigen zum Schönen braucht es nur eine einfache U-Bahnfahrt.

Bei Madame Tussauds wird das Originalfallbeil, das Marie Antoinette entzweite, ausgestellt, ein paar Meilen daneben blüht ein Baum, dessen Sämling Queen Victoria einst in die Erde setzte.

In Österreich hat man vergangene Woche ein ganzes Zimmer, in dem der Sänger Robbie Williams einmal übernachtete, versteigert.

Viele sagen, der Bieter, der es für 2000 Euro erstand, wäre ein unverbesserlicher Romantiker, aber es kann gar nicht genug davon geben.

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