Körperwelten

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Andere bemessen Belcanto, Schmelz und Volumen, unsereins die Figur

von Karl Hohenlohe

Über Gesellschaftsredakteure

Es ist ein Privileg der Gesellschaftsredakteure, über das äußere Erscheinungsbild der Opernstars urteilen zu dürfen. Andere bemessen Belcanto, Schmelz und Volumen, unsereins die Figur. Anders gesagt, Opernsängerinnen und Opernsänger dürfen dick sein. „Selbstverständlich!“, werden die Musikliebhaber rufen, die das Ohr als Schöffe dem Auge deutlich vorziehen.

Ich selbst, der Puccini für Gluck und Gluck für ein Vademecum hält, würdige beim Schallplattenkauf das Cover keines Blickes. Die anderen, verehrte Leserschaft, schon. Es kann kein Zufall sein, dass die beiden erfolgreichsten Sängerinnen unserer Zeit, Frau Netrebko und Frau Garanča, sehr schön anzusehen sind. Ich denke nicht, dass, wenn ihnen ein Vorderzahn fehlte und sie bei Kloucek fündig würden, so viele Hähne nach ihnen krähen würden.

Erinnern wir uns an die Callas, die stark begann und erst danach zu Weltruhm gelangte. Man will es nicht zugeben, aber das Gros der Menschen empfindet die Darbietung der schönen Künstlerin gelungener als die der weniger schönen. Dies ist ebenso absurd wie unfair, aber wahr.

Da hatten und haben es die Sänger vom Schlage eines Pavarotti, Botha oder Slezak leichter. Letzterer schminkte sich einmal als Don Florestan, der Jahre bei Wasser und Brot darbten musste, auf ausgezehrt. „Wie schau’ ich aus?“, wollte Leo Slezak von seinem Garderobier wissen und dieser antwortete:

„Ausg’fressen, Herr Kammersänger.“

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