Oberste Unterhose

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Will er sie selbst tragen und sich dem Monarchen dadurch näher fühlen?

von Karl Hohenlohe

über des Kaisers Unterhose

Irgendwo in Österreich lebt eine glückliche Person. Behutsam schlägt sie das Packpaper auseinander und betrachtet den Inhalt.

Nein, es ist nicht irgendeine Unterhose, es ist die Unterhose von Kaiser Franz Joseph. Gerade wurde sie im Wiener Dorotheum versteigert und hat 2.500 Euro eingebracht. Es gilt als bewiesen, dass der Kaiser das gute Stück persönlich in Verwendung hatte, sein Leibkammerdiener, Herr Eugen Ketterl, hat es bestätigt.

Was animiert einen Menschen, eine gebrauchte Unterhose aus dem Kaiserhaus zu kaufen? Will er sie selbst tragen und sich dem Monarchen dadurch näher fühlen? Will er sie verzückt anschauen und in alten Zeiten schwelgen oder gefällt ihm ganz einfach der sportliche Schnitt?

Dem Kaiser selbst war die Unterhose gänzlich egal. In der Früh lag sie in seinem Boudoir und kein einziges Mal hat er sich über ihre Herkunft, ihre Facon und ihre Beschaffenheit den Kopf zerbrochen.

Seine Gedanken waren bei den Aktenbergen, in Ischl und bei Frau Schratt, die Unterhose hatte in den allerhöchsten Gedankengängen keinen Platz.

Ganz im Gegensatz zu Herrn Ketterl, der die Unterhose zeitlebens liebevoll begleitete, nicht weil er sich, ganz allgemein, an Unterwäsche erfreute, sondern aus pekuniären Überlegungen.

Ich selbst hätte das gute Stück – das bitte nicht wörtlich verstehen – auch gerne besessen. Ich hätte zu gerne behauptet, Besitzer eines Kronzeugen einer Redewendung zu sein. Schließlich war die Unterhose auch dort dabei, wo selbst der Kaiser zu Fuß hingegangen ist, aber das war dann doch nicht 2.500 Euro wert.

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