Menschenkenntnis

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Und dann, verehrte Leserschaft, drückte er nicht ohne eine gewisse Herzlichkeit meine Hand.

von Karl Hohenlohe

über Franz Klammer

Wenn man in die Jahre kommt, passiert es immer öfter, dass man plötzlich Menschen gegenübersteht, die man kennt, aber nicht erkennt. So steht man dann vollkommen ahnungslos vor dem Visavis und stellt sich die drei entscheidenden Fragen: Wer ist dieser Mann, woher kenne ich ihn und wie heißt er? Verdammt noch einmal. Ich denke, genau in diese Richtung dürfte Herr Franz Klammer kürzlich gedacht haben. Auf einmal stach ihm ein Mann ins Auge, mit dem er sicherlich öfters geplaudert hatte, vielleicht sogar einmal den Doppelsessellift geteilt hatte und ... ja, da war sich Franz Klammer ganz sicher ... irgendwann einmal auf das Duwort geeinigt hatte. Franz Klammer überlegte. Er überlegte nicht fieberhaft, aber doch mit einer gewissen Intensität. Umsonst. Nun wollte Franz Klammer das tun, was alle Menschen in so einer Situation auch tun würden. Er würde dem Nächstbesten die Hand auf die Schulter legen und mit verschwörerischem Unterton "Helfen Sie mir. Bitte. Wer ist der Mann da drüben, der jetzt gerade nicht herschaut?" sagen. Genau in diesem Moment fiel es Franz Klammer ein. Natürlich, wie konnte er es nur vergessen, vier Meter von ihm hatte Wolfgang Waldner, der bekannte ehemalige Staatssekretär und ehemalige Kulturbeauftragte in Kärnten Platz genommen. Franz Klammer nahm sich gedanklich bei der Nase, stand auf, näherte sich forschen Schrittes Wolfgang Waldner, blickte ihm tief in die Augen, sagte irgend etwas wie "Servus" oder "Grüß Dich" und dann, verehrte Leserschaft, drückte er nicht ohne eine gewisse Herzlichkeit meine Hand.

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