Bärendienste

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Dies hätte er, zerknüllt, gerne gegessen, aber es kam nicht dazu.

von Karl Hohenlohe

über des Kaisers Papierkorb

Gerade war ich in der Kaiservilla in Bad Ischl. Gleich gegenüber erhebt sich ein Hügel, der wie ein schüchterner Berg wirkt. Der Kaiser hat ihn später noch dazuerworben.

Nein, nicht für sich, sondern für die Kaiserin Elisabeth, die ihn tagtäglich als naturnahen Fitnessparcour benutzte. Die Kaiservilla selbst strahlt in altehrwürdigem Glanz, nur ein Bewohner wirkt derangiert. Er schaut miesepetrig, wirkt merkwürdig zerrupft und hohl. Dies, wo er doch dem Kaiser näher war als all die anderen. Vornehmlich hielt er sich links vom Kaiserknie auf.

Noch heute versprüht der ausgestopfte Bär, der da den allerhöchsten Papierkorb in den Tatzen hält, einen Hauch von imperialem Glanz. Aber sein Fell ist zerzaust, das Antlitz vergilbt und das Bärenlächeln müde. Wer will es dem Bärenpapierkorb verdenken.

Sein ganzes Leben hat man ihn mit missglückten Entwürfen, tintenfleckbefleckten Briefen und zu harsch formulierten Depeschen gefüttert, was alleine schon traurig stimmen musste.

Darüber hinaus waren die Schriftstücke aber auch noch allesamt zusammengeknüllt und das war dem kaiserlichen Bärenpapierkorb irgendwann zu viel. Er konnte sich nicht übergeben oder mit den Glasaugen rollen, also ließ er aus Protest sein Fell räudig werden und die Pratzen nahezu unbeteiligt und ohne Freude an ihrem doppelten Dasein wirken. Ein einziges Mal verspürte der Bärenpapierkorb Bärenhunger. Es war, als der Kaiser sein Manifest an die Völker unterzeichnete. Dies hätte er, zerknüllt, gerne gegessen, aber es kam nicht dazu.

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