Ges.m.b.H.: Kronzeuge

Ges.m.b.H.: Kronzeuge
Über Otto von Habsburg,
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Nun starb Otto von Habsburg, der als kleiner Bub noch selbst hinter dem Sarg von Kaiser Franz Joseph gegangen war. Was folgte, waren die Jahre im Exil, das Bemühen um Österreich, das Europa-Parlament, der Handschlag mit Kreisky, immer unterwegs, immer in Diensten einer größeren Sache. Ich durfte zwei TV-Dokumentationen über Otto von Habsburg gestalten und ich glaube, dass ich ihm immer auf die Nerven ging. Als ich einmal die reine Opferrolle Österreichs im Dritten Reich infrage stellte, wurde er laut. Sehr laut. Er war vollkommen frei von jeglicher Sentimentalität, welche die Filmemacher brauchen, um Stimmung zu erzeugen. Ich habe es kein einziges Mal erlebt, ob es in Schönbrunn, Budapest oder in der Hofburg war, dass er wehmütig zurückblickte oder sich in Ressentiments verlor. Alles Äußere war ihm unbedeutend, die Anzüge waren von der Stange, die Autos Mittelklasse und der Lodenmantel aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Ich war einmal dabei, als sich die letzten Tapferkeitsordensträger aus dem ersten Weltkrieg bei einem Festakt im Heeresgeschichtlichen Museum plötzlich dem Sohn ihres letzten Souveräns gegenübersahen. Mit letzter Kraft suchten sie sich aus Ihren Rollstühlen zu erheben, manche weinten. Otto von Habsburg nickte freundlich, was blieb, war diese eigentümliche Distanz zu den Menschen und zur Zeit. Heute wünscht sich kaum einer die Monarchie zurück, aber es bleibt diese Sehnsucht nach anständigen Persönlichkeiten in der Politik, die sich zuerst den Menschen und dann erst sich selbst verpflichtet fühlen. Otto von Habsburg war einer von ihnen.

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