Ges.m.b.H.: Jurorentagung

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Karl Hohenlohe über den Zirkus um einen Rapper.
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

G erade hatten die Premierengäste das Zelt des Zirkus " Roncalli" auf dem Wiener Rathausplatz betreten, da raunte es ihnen schon entgegen. "Sido ist da!" Sido? Was für ein Sido? Sido, wurde ich umgehend informiert, ist ein Rüpel-Rapper. Einer, der sich nicht lange mit irgendwelchen Höflichkeiten aufhält, sondern gerne gleich auf den Punkt kommt. Ist man ein Koffer, wird einem das gleich mitgeteilt, wenn nicht, dann nicht. Schon hatten sich die ersten Kinder um Herrn Sido geschart, andere hatten eine Reihe gebildet, mit zitternden Händen zückten sie Kugelschreiber und erflehten Autogramme. Das erste überholte ich - einfach so -, dem zweiten raunte ich ein vertrauensvolles "Ich schau nur" entgegen. Dem dritten schlug ich auf die linke Schulter und überholte es rechts, das vierte Kind war von meinem unsympathischen Vorgehen so perplex, dass es mich freiwillig vorbeiließ. Nun stand der Koffer vor Sido. Sido sah gar nicht wie ein Sido aus. Kein Geschmeide im Gesicht oder an den Ohren, gepflegter Vollbart und die Brille von Buddy Holly. "Bitte ein Autogramm", säuselte ich und Sido schrieb. Im Taumel der Gefühle erbat ich noch eine Widmung und erwartete, nun als Koffer klassifiziert zu werden. Gentleman Sido aber meinte, "Leider, da hab' ich jetzt keine Zeit", und bevor wir noch als Freunde scheiden konnten, rief jemand aus der Nebenloge: "Aber ich hätte Zeit." Sido drehte den Kopf und sah plötzlich dem wohl berühmtesten Juror Österreichs ins mörbischgestählte Auge. Er sagte es nicht, aber ich bin felsenfest überzeugt, dass sich Sido in diesem Moment "Wunderbar!" dachte.

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