Ges.m.b.H.: Friedhofbericht

Ges.m.b.H.: Friedhofbericht
Karl Hohenlohe über einen interessanten Spaziergang am Hietzinger Friedhof.
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Nichts ahnend und ein wenig in Gedanken versunken stand ich vergangenen Sonntag vor dem Grab meines Vaters auf dem Hietzinger Friedhof. Auf einmal näherte sich eine Dame, warf mir im Vorübergehen eine kleine Bemerkung zu und ging, ohne dass ich ihr antworten konnte, ihrer Wege. Es war eine bewegende Bemerkung, die mich heute noch erschauern lässt. Ich war erst erstaunt, dann verwundert, aber niemals erbittert. So ging auch ich meiner Wege, spazierte erst am Grab von Franz Conrad von Hötzendorf vorbei, der es 1910 vom Bürger zum Freiherren brachte und sich ab 1918 zum Graf katapultierte. Wir wir aus der Geschichte wissen, ein kurzes Vergnügen. Dann schlenderte ich bei Heinz Conrads vorbei, kam kurz bei den Fürsten Odescalchi zustehen, dort aber zog mich ein anderer Grabstein in seinen Bann. Erst wollte ich Georg Markus anrufen, dann entschloss ich mich aber, es selbst zu schreiben."Le fièle Cléry" steht da geschrieben und "dernier Serviteur de Louis XVI, le 27 Mai 1805", also "Der treue Clery, letzter Diener von Ludwig XVI.". Ein wenig Recherche später brachte Licht ins Dunkel. Der gute Mann war schon für den kleinen Ludwig XVI. zuständig, war dann in der Revolution während der Gefangenschaft sein Kammerdiener, betete mit ihm vor der Exekution und war der letzte lebende Mensch, der Ludwig XVI. umarmt hat. Später flüchtete er in das Exil nach Wien, bis heute weiß man nicht, ob er loyal war oder für die Revolutionäre spionierte. Egal, zu all den Prominenten auf dem Friedhof passt auch das, was mir die besagte Dame am Grab meines Vaters verschwörerisch zuraunte: "Opernball!". Einladungen, Beschwerden, Hinweise: karl.hohenlohe(at)kurier.at

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