Anredefreiheit
Er ringt mit der Wahrheit, und gewöhnlich wird sie von ihm besiegt.
Herr Cornelius Obonya hat aus seinem Leben erzählt, und Frau Heide Tenner hat es aufgeschrieben. Ein schönes Buch, Familiengeschichte und Familiengeschichten, Stolpersteine, Inspiration, Wissenswertes aus dem Leben eines Schauspielers.
Eine Autobiografie dient ja in erster Linie dazu, sein Leben zu verschleiern, den dürstenden Blicken der Bewunderer auf das Privatleben standzuhalten und Legenden zu spinnen.
Während der Genesis seiner Autobiografie erfährt der Schöpfer wesentlich mehr über sich selbst als später der Leser.
Er ringt mit der Wahrheit, und gewöhnlich wird sie von ihm besiegt. Herr Obonya hat einen anderen Weg gewählt und sich Frau Tenner anvertraut.
Nun könnte man vermuten, Frau Tenner und Herr Obonya wären Komplizen, gemeinsam würde man die Leserschaft auf falsche Fährten führen, Geheimnisse als solche belassen, freie Gedanken zensurieren und den Blick auf das Innerste verwehren.
Dem ist nicht so, was vor allem einer gewissen Distanz von Erzähler und Zuhörerin zuzuschreiben war. Man siezte sich bis zum letzten Kapitel, erst dann kam das „Du“. Ein voreiliges „Du“ ist oft fehl am Platz.
Als ich ein halbes Jahrhundert auf der Welt war, gelang es mir, Herrn Obonya mit Ausschnitten aus dem Erfolgsstück „Cordoba“ zu gewinnen.
Nachher war ich so begeistert, dass ich, „Danke dir!“ rief.
Während ich also versuchte, ein Du-Wort zu erzwingen, hat es sich Frau Dr. Tenner redlich verdient.
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