Angefüttert

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Tausende entfesselte Heranwachsende jubeln ihm zu, die Zauberflöte für Kinder hat begonnen.

von Karl Hohenlohe

über die Zauberflöte.

Am Tag zuvor hat man ihn noch im Fernsehen gesehen. Er trug Frack, eine weiße Masche und war sichtlich gerührt, dass sein Sohn den Opernball als Debütant eröffnete.

Jetzt trägt Hans Peter Kammerer das zerrupfte Kostüm des Vogelfängers, er betritt den Saal und ungeheure Begeisterung schlägt ihm entgegen.

Tausende entfesselte Heranwachsende jubeln ihm zu, die Zauberflöte für Kinder hat begonnen.

Jedes Stakkato, jedes Crescendo, die Geigen-, Bratschen- und Basstöne reißen die Kinder von den Stühlen. Plötzlich erklingt das Pippi-Langstrumpf-Thema, Erinnerungen an die Villa Kunterbunt werden wach und mit spontanen Standing Ovations entlohnt.

Später wird sie der Paukist endgültig in Ekstase versetzen.

Als die Königin der Nacht aus einer Nebelbank erscheint, die alleine schon für helle Begeisterungsstürme sorgt, ballen die Kinder die Fäuste, der schurkische Monostatos wird mit empörten Grimassen zur Räson gerufen und bei Pa-pa-pa-geno wird rhythmisch mitgeklatscht.

Irgendwann traf der berühmte englische Komponist Sir Thomas Beecham im Londoner Covent Garden in der Mittelloge auf George V. und wollte von ihm wissen, welche Oper er bevorzuge.

George V.: "La Bohème" – und Beecham: "Wieso?" Daraufhin bellte der König: "Es ist die kürzeste, die ich kenne."

Hätte George V. die Möglichkeit gehabt, als Heranwachsender der Zauberflöte für Kinder in der Wiener Staatsoper beizuwohnen, ich glaube, er hätte diesen Satz niemals gesagt.

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