Rapid war nie da

Ich kann ein Abseits nicht von einer Torstange unterscheiden.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Ich kann ein Abseits nicht von einer Torstange unterscheiden.

von Mag. Simone Hoepke

über Fußball

Österreich hat acht Millionen Fußball-Experten. Ich gehöre nicht dazu. Ich kann ein Abseits nicht von einer Torstange unterscheiden.

Das liegt daran, dass ich der Faszination Fußball nie so richtig erlegen bin. Schon allein, weil ich mich gefrotzelt fühle, wenn sich ein mit Tätowierungen übersäter Muskelprotz schmerzgekrümmt am Boden wälzt, nur um ein paar Sekunden später wieder dem Ball hinterherzurennen. Als hätte die Gelbe Karte, die der Gegenspieler kassiert hat, zu einer Spontanheilung geführt.

Jetzt weiß ich, wer schuld daran ist, dass ich kein Fußball-Experte geworden bin. Rapid. Die Spieler haben mich nie in der Schule besucht. Weder in der Unter- noch in der Oberstufe. Und das, obwohl sie laut ihren Managern 150 Schulen abklappern, um den Kindern den Fußball-Virus einzuimpfen – in Grün-Weiß, versteht sich.

Das ist eine Investition in die Zukunft. Die Kinder von heute sind schließlich die Kaufkraft von morgen. Und weil die jungen Damen und Herren ihrem Fußballclub laut Statistik einmal treuer sein werden als ihrem zukünftigen Partner, muss man sich als Club hurtig in Position bringen. Studien zufolge liegt die Treue zu Fußballclubs über alle Länder und Kontinente hinweg bei mehr als 90 Prozent. Ein Spitzenwert, von dem Tommy Hilfiger nur träumen kann. So viele Leiberln wie Manchester United müssen die Herren Designer erst einmal verkaufen. Von Strampelanzügen, Schnapsgläsern und Brillen-Etuis mit entsprechendem Logo ganz zu schweigen. Die Merchandising-Maschinerie hinter den Clubs hat die eingespielten Karteneinnahmen längst überholt. Dass das ein Geschäft ist, ist auch dem russischen Milliardär Abramowitsch nicht entgangen, der Millionen in den FC Chelsea investiert hat. Aber eher nicht deshalb, weil ihn in der Schule einmal ein Spieler des Clubs besucht hat.

Für meinen Schulfreund endet mit dem EM-Schlusspfiff eine stressige Zeit. Er war jeden Spiele-Abend unterwegs – in fußballfreien Zonen. Weil die anderen Männer alle Fußball schauen, ist er zu EM-Zeiten quasi konkurrenzlos, behauptet er.

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