In Panama
Nach acht Monaten auf Reisen erschien mir dieser Spaziergang plötzlich wie der wunderbarste auf dieser Welt.
Eines meiner liebsten Kinderbücher ist Janoschs „Oh, wie schön ist Panama!“. Der kleine Tiger und der kleine Bär verlassen ihre Hütte am Fluss, um ins sagenhafte Panama zu reisen. Da sie jedoch den Weg nicht kennen, irren sie mit ihrem Begleiter Tigerente herum, bis sie nach langer Zeit wieder zuhause ankommen. Sie erkennen die inzwischen verwachsene Hütte am Fluss allerdings nicht wieder, sondern wähnen sich in Panama – schließlich sind sie am schönsten Ort der Welt angekommen. An dieses Buch musste ich unlängst denken, als ich mit Zwetschge unsere seit Jahren unveränderte Morgenrunde drehte. (Der Hund ist in der Früh zu damisch für Neues, der wacht erst nach dem Mittagessen auf). Wir marschierten vorbei an dem kleinen Tschecherl, wo die freundlichen Grätzlalkis die ersten Spritzer kippten, gaben dem Bettler vor dem Supermarkt ein paar Münzen, während sich drinnen das arbeitende Volk die Jausenweckerln holte, wir warfen einen kurzen Blick in den bucharischen Trödelladen, ehe wir vorbei am Luxushotel zu den altehrwürdigen Bäumen promenierten, damit Zwetschge und die Gemeindebau-Chihuahua-Gang die Neuigkeiten des Tages am Po der anderen erschnüffeln konnten. Linkerhand die Szenelokale, in denen ebenfalls die ersten Spritzer flossen, und rechterhand die stillen und anmutigen Gründerzeitbauten. Während Zwetschge ihrem Geschäft nachging, staunte ich, wie schön mein Grätzl ist und wie wunderbar seine Bewohner! Nach acht Monaten auf Reisen erschien mir dieser Spaziergang plötzlich wie der wunderbarste auf dieser Welt mögliche Spaziergang. Hatte ich das früher auch schon so toll empfunden und vergessen? Beim Nachhausegehen erinnerte ich mich daran, was Janosch selbst über jene Geschichte vom kleinen Tiger und dem kleinen Bär gesagt hatte: „Jeder lebte schon immer im Paradies, hat es nur nicht gewusst.“
vea.kaiser@kurier.at
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