Zuerst Auskunft, dann Amore

Was Liebende so alles voneinander wissen wollen.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Ich war noch nie so froh, kein Spatzi zu haben.

von Vea Kaiser

über Liebe

An Menschen, in die wir uns verlieben, interessiert uns zumeist am meisten, ob sie sich für diejenigen Dinge interessieren, die wir sonst so lieben. Autofanatiker wollen wissen, was die neue Flamme fuhr, fährt und fahren will. Hundeherrlis fragen natürlich sofort nach vorherigen Beziehungen zu Wuffis aller Arten. Politisch Engagierte erkundigen sich nach dem politischen Engagement des anderen, und Bücherwürmer sind gespannt auf die Lesebiografie der oder des Angebeteten.
Noch bevor ich das erste grande bello Bussi von meinem Kavalier Dottore Amore bekam, musste er mir dementsprechend Auskunft über sein Leseverhalten erteilen, und der erste Weg in seiner Wohnung führte mich direkt zu seinem Bücherregal, wo ich stundenlang seine Sammlung von Klassikern, Krimis und urologischen Fachbüchern bestaunte (denn der Dottore Amore ist tatsächlich ein echter Dottore, und spezialisiert sich auf Spatzi-Medizin). Apropos echter Doktor. So wie ich mich für seine Buchvorlieben interessiere, interessiert sich er für meine Gesundheit. Glauben Sie mir: Ich war noch nie so froh, kein Spatzi und keine Prostata zu haben. Als ich Dottore Amore meinen Eltern vorstellte, wollte er keine peinlichen Babyfotos sehen, sondern meinen Impfpass (welcher nämlich, da ich panische Angst vor Spritzen habe, bei meinem Auszug vor zehn Jahren nicht mit mir ausziehen durfte.) Ach Ihr Götter, ich wünschte, meine Mutter hätte ihm Fotoalben von mir als schreiendem, pummeligen, rötlichen Baby gezeigt, denn der schöne Dottore Amore gebraucht nun ein ganz schirches Wort: Auffrischungsimpfung. Einmal jährlich, wenn die Tierärztin meinem Hund Zwetschge die Nadel in die Nackenfalte jagt, dreht’s mich zusammen. Wie soll ich das nur überstehen, wenn solch Unheil meinen Oberarm drangsaliert? Andererseits: Was tut man nicht alles für die Liebe.

vea.kaiser@kurier.at

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