Auseinandergelebt

Ein gehörloser Terrier ist nicht Grund genug zum Zusammenbleiben.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Geredet, geweint, analysiert, debattiert.

von Vea Kaiser

über eine Lücke in ihrem Leben

Egal wie vehement man sich einredet, es sei besser so – sich zu trennen ist niemals leicht. Der Puszta-Boy und ich haben lange gekämpft. Geredet, geweint, analysiert, debattiert und beinahe sogar einen Paartherapeuten konsultiert. Der jedoch fragte bei der „Erst-Aufnahme“, warum zwei Tinder-bekannte Twentysomethings ohne gemeinsames Kind oder Firma unbedingt ihre kurze Beziehung retten wollten. Was sei das Verbindende? Wir argumentierten sofort mit Zwetschge, dass wir unser Hündchen liebten und ihm eine Trennung nicht antun wollten. Aber dass ein gehörloser Terrier vielleicht nicht Grund genug ist, mit einem Menschen zu bleiben, den man einst unbändig liebte, von dem man sich jedoch Marianen-Graben-tief auseinander gelebt hat, war letzten Endes auch uns intelligibel. Und so ging der Puszta-Boy zurück in die Puszta. Dort, wo einst sein Gewand hing, klafft nun eine Lücke in meinem Kleiderschrank. Von dem Loch in meinem Herzen ganz zu schweigen.
Die Götter müssen uns Schriftsteller hassen, denn tatsächlich schreibt man am besten, wenn man traurig ist. Ich wünschte, es wäre nicht so, aber der neue Roman wird gerade nobelpreisverdächtig gut. Sogar meine Familie unterstützt die Schreiberei mehr denn je.
„Konzentrier dich auf das neue Buch“, tönt es aus der Verwandtschaft. Ich dachte zunächst, das sagten sie, weil sie mich aufmuntern wollten. Doch dann merkte ich, dass hinter den Motivationsversuchen ein anderer Beweggrund liegt. Meine Familie fürchtet, ich würde keinen mehr finden, weil ich ja schon 28 bin. Auch wenn ich mir zurzeit nicht vorstellen kann, jemals wieder glücklich zu sein, ab sofort lautet der Vorsatz für 2017: glücklich werden. Nicht, weil glücklich sein so toll ist, sondern um zu zeigen, dass nicht überall auf der Welt dieselben Gesetze gelten wie in Niederösterreich auf dem Land.

vea.kaiser@kurier.at

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