Wanderjahre des Puszta-Boys
Jedenfalls sind Hund Zwetschge und ich also wieder alleine.
Ich will die vielen Semester gar nicht zusammenzählen, die mein Puszta-Boy zur Vollendung seines Weinbau-Studiums benötigte. Auch nicht die weißen Haare, die er mir verursachte, wenn er, statt zu lernen, Facebook studierte. (Und dann jedoch, wenn ich etwas unternehmen wollte, erklärte, er müsse jetzt wirklich lernen.) Das Wichtigste ist, dass er fertig ist und sich Herr Bachelor Weinbauer nennen lassen könnte. Was mir allerdings nicht bewusst war, ist, dass auf die Lehr- die Wanderjahre folgen. Er wird also von Weingut zu Weingut ziehen, um jene geheime Keller-Magie zu lernen, die den richtig edlen Tropfen kreiert, ehe er den Betrieb zuhause übernimmt. Weinmachen lerne man nur im Keller, erklärte er, ehe er sich nach Frankreich verabschiedete und mich mit der Frage zurückließ, wozu er uns dann jahrelange Theorie angetan hat. Jedenfalls sind Hund Zwetschge und ich also wieder alleine. In manchen antiken Kulturen war es üblich, dass sich die Frauen die Haare abrasierten, wenn die Männer in den Krieg zogen. Das haben Zwetschge und ich auch überlegt. Nackthunde sind dank Klimaerwärmung im Vorteil und in Modezeitschriften heißt es neuerdings Bold is the new black, aber unterm Strich sind wir dazu eh zu feig. Wir ehren unser Strohwitwen-Dasein stattdessen mit Verzicht. Ich verzichte auf Fleisch und Zucker, der Hund auf Stoffschwein Freddy. (Wobei der Hund das natürlich nicht freiwillig macht, sondern Stoffschwein Freddy dringend gewaschen werden muss.) Wenn man nämlich wochenlang grünen Salat mit Grünkernlaberl isst, und das Grünzeug nicht mal mit Grünem Veltliner hinunterspülen kann, dann lenkt die Sehnsucht nach richtigem Essen zumindest ein bissi davon ab, dass man diesen großen, lauten, mit dem Hochdeutschen verfeindeten Mann, der einen regelmäßig in den Wahnsinn treibt, so fürchterlich vermisst.vea.kaiser@kurier.at
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