Brasilien baut Tag für Tag Vorurteile ab

Die WM tut dem Image des Gastgeberlandes gut. Selbst ein Einheimischer, wie ich es bin, wird positiv überrascht.

Denn im Fußball herrscht seit Jahrzehnten eine riesige Rivalität zwischen den beiden Nationen.

über Brasilien und Argentinien

Brasilianer heißen argentinische Fußballfans eigentlich nicht besonders willkommen. Auch vor der WM hat man sich von Porto Alegre bis Fortaleza vermutlich am wenigsten auf die Anhänger der Albiceleste gefreut. Denn im Fußball herrscht seit Jahrzehnten eine riesige Rivalität zwischen den beiden Nationen.

Aber dann passierte Erstaunliches: Brasilianer empfingen die Argentinier nicht nur freundlich, sondern sie feierten mit dem Nachbarn in der Vorrunde sogar auf den Straßen. Ein Bild, das ich so nicht kenne. In diesen Tagen ist eben alles möglich. Brasilien zeigt sich – mit Ausnahme der Ereignisse rund um die Demonstrationen – von seiner besten Seite.

Sprachbarriere

Ein Freund reiste mit einer sechsköpfigen deutschen Reisegruppe in den letzten beiden Wochen durch das WM-Land. Überall wurden sie freundlich empfangen. Trotz der Sprachprobleme – man muss sogar in den Großstädten Glück haben, wenn man jemanden trifft, der ein paar Worte Englisch kann – versuchen die Brasilianer, mit Touristen und Fußballfans ins Gespräch zu kommen.

Bei meinem Besuch der deutschen Mannschaft im Campo Bahia schwärmten die Betreuer von der Gastfreundschaft, die sie bisher sowohl rund um das Teamhotel als auch an jedem Spielort genossen haben.

Mehrere Städte haben eine Art Patenschaft für einen der 32 Teilnehmer übernommen. Mein Heimatort Mogi das Cruzes zum Beispiel "adoptierte" Belgien für die Zeit der Endrunde. Das ist überall in der Stadt zu sehen, nicht nur im etwas außerhalb gelegenen Quartier Paradise Golf & Lake Resort. Die Menschen freuten sich deshalb ganz besonders über die Erfolge der Mannschaft von Trainer Marc Wilmots in der Vorrunde, mehr als über die jeder anderen – außer natürlich der Seleção.

Das Konsulat hat Bilder mit verschiedenen belgischen Motiven für eine Ausstellung während der WM in einem Shoppingcenter am Rande der Innenstadt zur Verfügung gestellt.

Imagekorrektur

Wie bei den beiden Weltmeisterschaften, die ich zuvor live erlebt habe (2006 als Fußball-Interessierter und 2010 als deutscher Nationalspieler), schafft es auch dieses Mal der Gastgeber, sein Image ein bisschen zu korrigieren und bestehende Vorurteile abzubauen.

Deutschland zeigte sich vor acht Jahren als weltoffenes, lockeres Partyvolk. Südafrika bewies, dass es in der Lage ist, gut zu organisieren, und präsentierte sich als stolzes Land jenseits von Armut und Leid.

Die Besucher stellen in diesen Wochen fest, dass das Bild, das vor der WM von Brasilien gezeichnet wurde, unscharf ist. Natürlich ist die Kriminalität ein Problem in unserem Land, ebenso wie Armut, aber deshalb lauern nicht an jeder Ecke Gefahren.

Die meisten Brasilianer sind freundlich, offen und hilfsbereit – damit die Touristen nach der WM mit einem guten Gefühl und vielen schönen Eindrücken nach Hause fahren.

Cacau kam als Claudemir Jerônimo Barreto 1981 zur Welt und wuchs in Mogi das Cruzes im brasilianischen Bundesstaat São Paulo auf. 1999 kam er nach Deutschland. Er stürmte 23-mal für das deutsche Nationalteam und zuletzt beim VfB Stuttgart.

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