Zu alt für ältere Frauen
"Ich bin langsam zu alt für ältere Frauen", sagte K und starrte auf das Meer. Über die Jahre war K, bei dem regelmäßige Erwerbstätigkeit in die Kategorie "Attacke auf die Lebenszeit" fiel, mit reiferen Damen mit Hang zur Sugar-Mommy über die Runden gekommen. Jetzt, da er über die 50-Klippe gesprungen war, schien dieses Beuteschema überdenkenswürdig. Denn als Toy-Senior rutschte er jetzt in die "unpackbare" Nähe von "Ziehharmonika-Knie und Rüscherlmünder", die in der weiblichen 55-plus-Lebensphase seiner Ansicht nach nun einmal unabdinglich waren. Ich war zu müde von der griechischen Hitze, um mich über jene Hybris zu ereifern, die viele Männer, die in der optischen Lotterie maximal einen Dreier gezogen hatten, besitzen. Trotz sich lichtenden Haupthaares und Bierfriedhöfen von Bäuchen finden manche dieser Selbstreflexions-Verweigerer es völlig im grünen Bereich, über Frauen wie ästhetische Scharfrichter zu urteilen. "Na, dann nimm dir doch eine kleine Studentin mit Vaterkomplex", riet ich ihm. "Die will wahrscheinlich auch keinen Demnächst-Krampfadern-Johnny, der es sich noch dazu nicht leisten kann, den Onkel aus Amerika zu spielen", seufzte er, "und ich bin wirklich zu alt, um ins Berufsleben einzusteigen." In diesem Moment manövrierte sich ein Kreuzfahrtschiff in den Hafen, von dem ein Rudel sehr mittelalterlicher Frauen mit bunten Sonnenhüten an Land stob. "Du hast zwei Optionen, mein Lieber", sagte ich, "entweder Witwentrösten an grünen Drinks auf Schiffen oder ..." Ich deutete nach oben, wo das mächtige Kloster über dem Häusermeer von Hora thronte. "Danke für deine Hilfe", motzte er, "Mönche haben einfach zu beschissene Dienstzeiten. Und ich werde leicht seekrank. Wenn ich das nächste Mal nachdenklich bin, weiß ich ganz genau, an wen ich mich nicht mehr wende."
polly.adler(at)kurier.at
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