Willkommen auf der Beziehungs-Borderline!
Kumpel Z brauchte einen Boxenstopp – auf Grund von drastischer Beziehungserschöpfung. Er hatte sich in einer Drama-Prinzessin verloren. Ja, er begehrte sie bis zum Anschlag, aber gleichzeitig sog die Frau ihm jeden Lebenssaft ab. Denn jeden Abend entspann sich ein ähnliches Dialogmuster. Sie: "Sag mir, wie sehr du mich liebst." – Er: "Bis zur Sonne und zurück." – "Nur soweit?" – "Schatzi, ich liebe dich unendlich, in deinen Augen sehe ich meine Kinder!" – "Und warum hast du die Kellnerin mit so geilen Glubschaugen angeschaut?" – "Welche Kellnerin?" – "Willst du mich verarschen? Die in der Pizzeria!" – "Willst du ein Neutrum oder einen ganzen Kerl?" – "Aha, jetzt gibst du es selbst zu: Du hast was mit ihr!" – "Bist du verrückt?!" – "Wer von uns beiden hier verrückt und obendrein ein Schwein ist, liegt ja wohl auf der Hand." Undsoweiterundsofort. In der Regel galoppierte der Drama-Dialog in eine Ich-will-dich-nie-wieder-sehen-Hysterie ihrerseits, die dann nur durch Du-bist-alles-was-ich-habe-Sex zu stoppen war. "Willkommen auf der Beziehungs-Borderline!", flüsterte ich Z, "einer heißen, aber sehr anstrengenden Adresse, Ecke Codependency-Road." – "Wird das besser werden?" – "Nach minimum 80 Stunden Psychotherapie vielleicht." Er schüttelte den Kopf: "Na servas, G’schäft!" Nach einer kurzen Gedankenpause fügte er hinzu: "Andererseits, was täte einer wie ich mit einer austherapierten Harmonie-Elfe, konfliktscheu wie ein Reh und emotional lauwarm wie die Supp’n vom Chinesen ums Eck?" – "Dich zuerst langweilen und sie dann mit der am nächsten greifbaren Tragödien-Tussi betrügen." – "So schätzt du mich ein, du dreiste Weibsperson?" Ich nickte. Er seufzte: "Wenn mein Ich ein Beruf wäre, hätte ich ihm eh wegen sozialer Unverträglichkeit längst gekündigt."
polly.adler(at)kurier.at
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