Warum uns besser fad ist
Von den 387000 Neuerscheinungen des Buchherbstes ist ein Titel mein Oberliebling und zwar Otto Schenks "Warum mir so fad ist". Letztes Jahr lieferten sich "Frauen verstehen in sechzig Minuten" und "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben" ein knallhartes Kopf-an-Kopf-Rennen; in der Rubrik "Crazy Book Titles" balgten sich "The Big Book of Lesbian Horse Stories" und "Oral Sadism and the Vegeterian Personality" um das englischsprachige Siegerpodest.
Die so fantastisch unaufgeregte Feststellung "Warum mir so fad ist" hat noch dazu das Zeug zum Fundament einer neuen philosophischen Richtung zu wachsen, als deren erste Cheerleaderin ich mich schon jetzt bewerben möchte: Lakonischer Nihilismus. Potenzielle Mitglieder müssen allerdings eine gewisse Grundgrantigkeit als Eintritts-Obolus mitbringen. Wienern wird das leichter fallen. Als Schutzheilige dieser jungen, aber umso notwendigeren Bewegung schlage ich die Schriftstellerin Dorothy Parker vor, die beim Abheben ihres Telefons statt eines Grußworts nur "What fresh hell is this?" in den Hörer kläffte. Andere illustre "menschenunfreundliche Mitbürger", so die politisch-korrekte Bezeichnung für Misanthropen, wären der Philosoph Arthur Schopenhauer, der die menschliche Existenz generell als "eine Art Fehler" betrachtete, oder Sigmund Freud, der in "Das Unbehagen in der Kultur" anmerkte, dass des Menschen Glück "im Plan der Schöpfung nicht enthalten ist". In diesem Zusammenhang darf ich auch den Silbermedaillen-Gewinner für den Titelliebling der heurigen Lesesaison zur Vorstellung bringen: Es ist "Fuck Happiness!" von der jungen Anti-Positiv-Denkerin Sonia Laszlo. Denn eines ist sicher: Solange man vom Schlimmsten ausgeht, wird man nicht auch mehr so furchtbar enttäuscht werden. Und wenn einem dabei auch noch ordentlich fad ist, chillt man sein Leben obendrein.
polly.adler(at)kurier.at
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