"Preschi, du Oarschloch"
Womit klar war, dass die Wahl der Vornamen quer durch alle Schichten einem Tretminenfeld gleichkommt.
F hatte eine ihrer Mir-geht-heute-alles-auf-den-Sack-Launen, erste Sonnenstrahlen hin oder her. Wir saßen auf dem Karmelitermarkt, der Bobo-Hölle schlechthin. Rund um uns wuselten Kleinfamilien in nachhaltigen Designer-Klamotten, die Eselsalami und Käse von austherapierten Bergziegen einmarkteten. „Man sollte ein Komitee gründen!“ – „Für mehr Blumenschmuck in Wien 2?“ – „Nein, ein Komitee zum Schutz von Kindern gegen die Vornamensoriginalität ihrer Eltern. Diese affigen Namen! Cosima, Allegra, Pipilotta, Elektra, Damian ... unlängst bin ich sogar über einen Hektor gestolpert, der hoch wie eine Tageszeitung war. Auch vor Orpheus hatte jemand keine Angst. Da kannst du schon jetzt einen psychoanalytischen Fonds gründen. Würde ich noch einmal werfen, würde ich meine Brut Fritzi, Gustl, Evi oder so nennen. Erfrischend gewöhnlich müsste es sein.“ – „In Deutschland ist unlängst beim Amt Pepsi Cola für ein Mädchen durchgegangen.“ – „Vielleicht haben die ja bei der Zeugung bereits einen Werbevertrag abgeschlossen.“ – „Alles für Don Hugo!“ – „Hein?“ – „So heißt das Produkt von Franzi Almsick. Der hat aber vergleichsweise zu Jermajesty von Herrn Jermaine Jackson, Heavenly Hairaani Tiger Lily (Danke, Paula Yates), Ireland (Kim Basinger) und Henry Günther Ademola Dashtu noch Glück gehabt!“ – „Wessen Wahnsinn entsprang letzterer?“ – „Heidi Klum.“ – „Als ob Heidi als Mutti nicht schlimm genug ist.“ Jetzt drang ein Schrei zu uns, der aus der Kehle einer Dame mit einer Menge Ringe an der Nase stammte. „Preschi, du Oarschloch, kumm her!“ Sie japste ihrem Kind hinterher. „Preschi“, flötete E ihr zu, „das ist aber ein schöner Name.“ – „Sie haßt eigentlich Precious, aber die Zeit hab’ i net“, keuchte Mutti Nasenring. Womit klar war, dass die Wahl der Vornamen quer durch alle Schichten einem Tretminenfeld gleichkommt.
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