Musenstaus

Es ist immer wieder furchtbar mitanzusehen, was Erfolg mit Frauen anstellen kann.
Polly Adler

Polly Adler

Ein paar Jahrhunderte werden wir einfach noch brauchen.

von Polly Adler

über das Aphrodisiakum Erfolg

Die Frau betrachtete den Regiegott und schürzte ihre Lippen auf Schlauchboot-Niveau. Wahrscheinlich hatte sie in den Ausläufern ihrer Kindheit viel zu viele Sophia-Loren-Filme gesehen. Dann kam der schöne Satz: „Nicht, dass du glaubst, dass ich das jedem sage, aber ich möchte dir so gerne noch heute Nacht zeigen, wo Gott seinen Hauptwohnsitz hat.“ Es ist immer wieder furchtbar mitanzusehen, was Erfolg mit Frauen anstellen kann. Und zwar der von Männern.

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es ein paar Jungs, die mit übergroßen Portionen bei der Talentvergabe gesegnet wurden und es zu Ruhm gebracht haben. Dass das bei Frauen aphrodisierende Wirkung hat, ist nichts Neues unter der Sonne. Schon als Moses die Nummer mit dem Roten Meer machte, wird manch aus Ägypten Ausgezogene in ihren besten Sandalen gehaucht haben: „Ich habe noch nie einen Mann dermaßen souverän Wasser teilen gesehen. Und diese zehn Gebote sind der Hit; ich konnte sie einfach nicht mehr weglegen. Sag’, du schlimmer Prophet, wie fällt dir das nur immer ein?“

Aber inzwischen sind doch ein paar Jährchen ins Land gezogen. Und in der Fan/Musen/Groupie/„So wie ich wird dich keiner verstehen“-Branche ist offensichtlich alles beim Alten geblieben. Würde ist bei diesen Ruhm-Kugeln oft nicht mehr als ein Konjunktiv. Aber ganz klar: Auch in diesem Kriegsgebiet klafft die Gender-Gap.

Eine Freundin, die als Primaria in einer Klinik das Sagen hat, flüsterte mir unlängst zu: „Ich sage potenziellen Herren einfach nur mehr, dass ich Krankenschwester bin. Risikominimierung von Kastrationsängsten.“ Denn Erfolg hätte im umgekehrten Fall ihren Erfahrungen zu Folge auf Männer die „Wirkung von Injektionsnadeln auf Kleinkinder.“ Ein paar Jahrhunderte werden wir einfach noch brauchen.

www.pollyadler.at

polly. adler[at]kurier.at

Musenstaus

Polly Adler spendet in „Adieu Fortpflanz“ Trost und Ratlosigkeit von der Erziehungsfront und erzählt, warum man sein Kind zwar immer liebt, aber manchmal dennoch nicht leiden kann.

240 Seiten, 22,95 Euro bei www.thalia.at

Kommentare