Kumpelnest 3000
Meine fidele Clique verbindet neben Trinkfreudigkeit, stattlichem negativen Vermögen (so nennt das mein Steuerberater) und Nachtaktivität auch ein Hang zur Beziehungsmüdigkeit. "Eigentlich wollte ich mit ihnen alt werden und nicht wegen ihnen", resümierte meine Freundin K ihr Verhältnis zu Männern. – "Hab ich eine Tätowierung auf meinem Rücken, wo drauf steht: ,Macht mich fertig!’ oder warum läuft das so verdammt unrund mit den Frauen?", co-seufzte der Malerfürst. "Und immer wieder dieser Dating-Irrsinn – ein Date ist doch nichts anderes als ein Job-Interview, das eine ganze Nacht dauert", wimmerte der Dichter, "und kaum geht es einmal zur Sache, kommt schon die Frage ,Was ist das jetzt, was wir da haben?’" – "Also Plan B, eine WG für verhaltensoriginelle Senioren: Denn im Alter wollen wir alle nicht allein inkontinent sein", schlug ich vor. "Au ja, lasst uns alle zusammenziehen!", wieherte K, "und unser Haus werden wir Kumpelnest 3000 nennen." So heißt ein Lokal in Berlin, in dem die Gäste alle aussehen wie etwas, was die Katze von sehr weit draußen hereingebracht hat. Ich kniff die Augen zu, dann machte sich ein Schreckensszenario breit. Ich sah mich mit drei Haaren am Kopf durch ein WG-Chaos krächzen: "Die Tussi, die sich meine brandneuen Stützstrümpfe ohne zu fragen gekrallt hat, kann schon einmal am Zentralfriedhof Probeliegen gehen ..." – "Selber Bitch, denn wer, wer, ha, hat meinen Rollator bei der ersten Probefahrt letzte Woche völlig zerschrammt?", kam dann die bedrohliche Replik aus dem Rückengymnastikraum. Wahrscheinlich werden wir im Kumpelnest 3000 dieselben "Immer-machst-du-nie-den-Abwasch"-Konflikte austragen, wie in unseren finstersten Studententagen. Anderseits: Vielleicht hält uns das jünger als alle Zellen-Zauber auf dem Geriatrie-Markt.
polly.adler(at)kurier.at
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