Das Methusalem-Gate

Polly Adler

Polly Adler

Kein Vater- , sondern ein Großvaterkomplex

von Polly Adler

über den Traumprinzen auf dem Rollator

Es war der Tag der großen Parade mit Blasmusikkapelle. So wurde in unserer kreuzfidelen Truppe die Präsentation eines Lebensabschnittspartners seitens eines Mitglieds etikettiert. Wir klingelten Sturm an Cs Wohnung. Es rührte sich nichts. Nach einem kräftigen Zeitloch wurde die Tür zögerlich geöffnet.

Ein alter Mann mit einem Hörgerät, das ob seiner Größe noch aus dem Paläozoikum stammen musste, stand mit schreckgeweiteten Augen im Eingang. Seine linke Körperhälfte war auf einen hocheleganten Stock mit Silberknauf gestützt. „Sie ist schnell in die Apotheke gefahren – es ist mein Kreislauf. Der Föhn!“ Wir nickten bemüht ergriffen – noch bereitete uns der allerhöchstens Probleme bei der Frisurgestaltung. „Sie müssen wohl...“, hob F an und ließ Fragezeichen am Satzende stehen.

„Ich bin Alois, die Liebe ihres Lebens.“ Wir mussten uns setzen. Dass bei Cs Partnerwahl seit jeher eine Neigung zu Vaterfiguren mitschwang, war nichts Neues. Aber dass dieser Drang sich jetzt zu einer Art Großvaterkomplex pervertiert zu haben schien, war eine Art Schock. Sie hatte uns verschwiegen, dass ihr Traumprinz sich anstelle eines weißen Pferds bestenfalls auf einen Rollator schwingen würde können.

Der Silversurfer schlurfte in die Küche, um den Champagner zu holen. Wir starrten uns fassungslos an. K, vom Gemüt her immer eine Art Gute-Laune-Terroristin, versuchte auch aus diesem Methusalem-Gate das Positive zu kitzeln: „Nun ja, der Mann kommt nahezu in jedes Museum umsonst rein; unser Schätzchen wird den Schlaf vor Mitternacht endlich kennen lernen, denn solche werden um neun bettschwer.

Sie wird sich ihre Adrenalinräusche beim Kreuzworträtsellösen holen. Und: Man muss sich keine Sorgen machen, dass er untreu wird.“ – „Eigentlich nichts als Vorteile!“, piepste ich , „ bei dieser 120-Shades-of-Grey -Romanze.“

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