chaos DE LUXE: Schicksalsjahre in Promihausen

chaos DE LUXE: Glück
K liebte das Drama. Besonders das ihr völlig fremder Leute, die sie jahrelang mit ihrem Glück-Exhibitionsmus terrorisiert hatten.

Es war eine verdammt gute Woche", sagte K und schmierte ihr Lammkeulchen mit einer Thymian-Honig-Salsa ein. Wenn schon nicht reich, dann wenigstens kalorienreich. "Was soll an dieser superfaden Woche denn so toll gewesen sein", fragte ich. "Na, hör’ mal. Seal und Johnny Depp sind wieder auf dem Markt." – "Wie konnte ich das nur verdrängen! Ist denen ihr Schimmel in der Garage gerade blöd zugeparkt oder kann es sonst noch einen Grund geben, warum die beiden Racker jetzt nicht schnurstracks hier an unseren Brüsten Trost suchen?" K fand das nicht lustig. Sie nahm die Schicksalsschläge in Promihausen nämlich rührend ernst, persönliche Betroffenheit inkludiert. Wie an einem Infusionstropf hing sie an den Gossipmagazinen. "Suri sieht mir immer depressiver aus!", empörte sie sich z. B. lautstark, "wen wundert’s! Scientology und Stöckelschuhe – das wirft das stärkste Kind um." Oder: "Jen (Anm. Aniston) hat schon wieder einen vor die Tür gesetzt. Langsam sollte sie den Therapeuten wechseln, schließlich wird sie auch nicht jünger." Warum sie aber gerade die jüngsten Paardebakel in eine solche Hochstimmung versetzten? "Jahrelang musste man sich diesem Glücksexhibitionismus aussetzen – vor allem von dieser verdammten Heidi . . . " Sie imitierte Klums Organ, das wie im richtigen Leben nahe an einer gefolterten Wüstenmaus schrammte: "Zu Hause ist, wo Seal ist.  Meine Familie ist mir das Wichtigste . . . blalaberdröd. Man kam sich ja ohne einen Auftritt bei Victoria’s Secret und ein Familienrudel wie eine komplette Versagerin vor. Und jetzt hat sich wieder bestätigt: Die diesen Zwang haben, ihr Glück ständig zu plakatieren, sind nahezu immer verdächtig." – "Verdächtig wofür?" – "Ein Leben in der spaßfreien Zone." Wir schüttelten uns wohlig. Besser übergewichtig und unterbezahlt, als an diesem schrecklichen Ort leben zu müssen.

polly.adler(at)kurier.at

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Kürzlich erschienen: der erste Polly-Adler-Roman "Venus im Koma"

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