chaos DE LUXE: Die potenzielle Bedrohung
"Du wirst es nicht glauben: Keine Sau lädt mich mehr ein, ich habe den sozialen Aussatz." F rollte sich auf ihrem Flokati in Fötus-Stellung, um das aktuelle Drama ihres Lebens pantomimisch zu untermalen. "Wieso?" Sie rappelte sich hoch und äffte: "Wieso, wieso? Willst du mich verarschen? Weil ich neuerdings Single bin. Vielleicht erinnerst du dich, dass der Unaussprechliche mir nach sieben Jahren erklärt hat, dass er doch noch nicht reif für so eine zementfeste Zweiersache ist? Und während dieses Unreifeprozesses eine kleine Luftkellnerin eine Notlandung, inklusive Mund-zu-Mund-Beatmung, in seinem Bett hingelegt hat?" - "Schon klar, eine private Welterschütterung. Doch dieses Schema wiederholt sich doch tagtäglich zillionenfach. Es ist so originell, wie Masern mit sechs. Und deswegen wird man nicht mehr eingeladen?" - "Du wirst lachen! Weil ich Single bin und nicht wie eine Kinderschreckerin aus der Geisterbahn aussehe, empfindet mich jede Frau als potenzielle Bedrohung. Und glaubt auch noch, dass ich mir ihren Bandscheibenvorfall von einem Mann krallen möchte. Dabei, so schwör ich dir, können sie mir die alle um den Bauch binden. Die dürften mich nicht einmal mit der Feuerzange angreifen!" Sie fiel wieder in die Fötus-Stellung, die Last der kommenden Tragödien wog zu schwer. Ich versuchte mein Bestes: "Willst du morgen zum Abendessen kommen? Es werden lauter hochneurotische Einzelgänger mit diversen Verhaltensauffälligkeiten zu Gast sein - von der Suchtproblematik bis zum Pointenzwang ist so ziemlich alles vertreten." Sie überlegte kurz und schüttelte entschieden den Kopf: "Bin ich jetzt der Quotenkasperl für lauter Verrückte, die auf dem freien Markt nicht mehr vermittelbar sind? Danke, aber nein Danke!" Ich dachte an Fontane und seinen Kalenderspruch: "Das Undankbarste, weil Unklügste, was es gibt, ist Dank zu verlangen."
Buchtipp:
"VENUS IM KOMA" - DER ERSTE POLLY ADLER-ROMAN ERSCHEINT Polly läuft - und zwar aus dem Ruder. Trotz Basislager bei der Paartherapeutin will sich ihr Mann Max plötzlich unerhörterweise selbst verwirklichen - und zwar so ganz ohne Polly. Die Tochter Resi pubertiert bis zum Anschlag und behandelt ihre Mutter wie eine lästige Stalkerin. Und als Reporterin an der Society- Front beißt sich Polly an einer durchgeknallten Aristo-Mischpoche die Zähne aus. Ja, und irgendwo gibt es noch einen Pleite-Bankier, der Polly entführt, um irgendwie zu überleben. In jedem Fall ist Pollys Leben sauanstrengend. »Deine Venus ist im Koma!«, kann da ihre astrologieverseuchte Freundin Gerti nur immer wieder feststellen. Jetzt wird Österreichs Kultkolumnistin Polly Adler endlich zur Romanheldin, in deren Stöckelschuhen man keinesfalls stecken möchte. Eine erzählerische Tour de force, in der die Society-Pappnasen der Republik bis zur Kenntlichkeit entstellt werden. Ab Ende Oktober im Handel.
Kommentare