Auf's Lahand
Der Klingelton war echt, stand vor der Tür, hieß Heidi und sah wie ein Schaf aus.
Ab und zu muss man „auf’s Lahand“, wie die Idiomatik in der Barbourjacken-Bourgeoisie lautet. Man packt festes Schuhwerk und von elenden Brauntönen dominierte Garderobe ein; der Gesichts-Malkasten wird zu Hause gelassen. Man packt auch die urbanneurotische Freundin ein, die für den im Asphaltdschungel verloren gegangenen Herren einspringen muss. Schließlich hat man ja schon vor sechs Wochen dieses pittoreske Weinstöckl hart an der slowenischen Grenze gebucht. Unvorsichtig, wenn nicht vermessen.
Anfangs wehrte sich die urbanneurotische Freundin noch mit harten, kleinen Schreien gegen den Transfer. Denn auf der Website des Vermieters stand das Unfassbare: Kein Internet-Zugang! Ich erzählte ihr vom total trendigen Zauberwort „Digital Detox“, das Netzjunkies wieder in die Arbeits-Leben-Balance verhelfen soll. Das Argument mit dem Teint-Pimping wegen der Frischluft-Schocks zählte mehr. Wir hatten leider nicht damit gerechnet, dass die Navigations-App so originell drauf war, dass plötzlich nur mehr die albanische Karte auf dem Handy-Display aufschien. Randtipp: Hütet euch vor eigenmächtigem Updating, Leute!
Eineinhalb Säckchen Gummibären später landeten wir nach mehreren Notrufen an den Vermieter zwecks Orientierungsnirvana in der Idylle. Es hatte geschätzte 12 Grad, der Kachelofen naturgemäß längst die Laune verloren. Am nächsten Morgen hob meine urbanneurotische Freundin ihre Schlafmaske mit der Aufschrift „The glamour never stops“ hoch und sagte freudig erregt: „Hey, du hast ja deinen Klingelton total auf die Location abgestimmt. Finde ich riesig!“ Ich zeigte nach draußen. Der Klingelton war echt, stand vor der Tür, hieß Heidi und sah wie ein Schaf aus. „Willkommen im analogen Leben“, seufzte ich, „es ist hart, es ist rau, aber hey – es lohnt sich, ab und zu wieder reinzuschnuppern.“
polly.adler@kurier.at
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