„Alles Jurte!”
Danke für deine engelsgleiche Nichtgeduld, ist aber ein wirklich harscher Schreibplan.
Hey!“, sagte K, „komm mit zum Jurtenchanneling – Kontaktaufnahme mit Wesen, die dich zu einem leuchtenden Stern machen wollen, der keine Ab- und Ausgrenzung kennt!“ Sie wedelte mit einem gelben Folder, auf dem ein in bedrohliches UFO-Licht getauchtes mongolisches Reiterzelt zu sehen war. K war das, was man eine esohysterische Sinnhopperin nennt – im Wochenrhythmus entdeckte sie neuen Irrsinn, an den sie sich mit missionarischem Feuereifer klammerte.
Der Prospekt versprach, dass Frau Regina in schamanischer Ritualkleidung ihre Kanalarbeiten verrichtet. Was für eine Erleichterung aber auch. Der Schriftsteller Gore Vidal hatte nach dem Credo gelebt, dass „man alles ausprobieren soll im Leben – außer Inzest und Volkstanz.“
Ich würde diese Liste gnadenlos erweitern: Phantomchirurgie, Leben rund um Energiebilder und Erdungsmatten, geistige Wirbelsäulenaufrichtungen, Chakren-Beschwörungstänzchen, Entdeckungsreisen zu seinem inneren Einhorn, Engelsflüstern, Rückführungsmarathons (Ich meine, was tun, wenn man in seinem früheren Leben im alten Ägypten seine Fladen mit empathiefreier Sklaventreiberei verdient hat, Scheidung ??) Ausdruckstrommelseminare, Urschrei-Kränzchen in bequemer Freizeitkleidung im Kreise anderer lieber Sinnsucher-Terroristen.
Ich will mich auch langsam gegen die Annahme zur Wehr setzen, dass die Winkel, in denen die Planeten zueinander stehen, bestimmen, wie es mit mir und dem Finanzamt, den Jungs, meiner Frisur und meiner langen Reise zu mir selbst läuft. Echt nicht. Ich gelobe hiermit feierlich, dass ich keinen Mann mehr nach seinem Sternzeichen frage. Und schon gar nicht nach seinem Aszendenten. „Wo wirst du aber Halt finden“, fragte K jetzt etwas spitz, „wenn deine Welt in Trümmern liegt?“ Gute Frage, die Antwort war aber irgendwo sehr weit draußen.
polly.adler@kurier.at
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