Liebeskrisen-management

Wie der Fortpflanz therapeutisch wirkt.
Polly Adler

Polly Adler

Der Fortpflanz ist im Großeinsatz. Krisenmanagement mit Blaulicht. Da könnten sich die von VW zwei Scheibchen abschneiden. Das Kind wirft sich aber nicht für schnöde Image-Rehabilitation, sondern für einen guten Zweck ins Zeug. Eigentlich gleich mehrere: jene Liebesbiografien ihrer 20 besten Freundinnen, in denen sich gerade Bruchstellen auftun. Der Herbst erweist sich bei den jüngeren Menschen als ein hartes Trennungspflaster. Das Kind rennt durch die Wohnung wie ein aufgewühlter Panther, hinter sich zieht sie Wortfetzen wie „Ist dieser Dude wo angerennt? Das lässt du dir sicher nicht gefallen!“ oder „Vergiss ihn, was willst du mit einem Mann, der mit einem teilalphabetisierten Schoßhündchen gleich ins nächste Relationship schlittert?“ Oder sehr harsch mit feministischem Subtext: „Einmal Opfer immer Opfer, merke dir das.“ Manchmal, wenn Waterloo noch nicht ganz verloren scheint, gibt sie auch Einlenkungs-Ezzes: „Du gehst jetzt einmal zwei, drei Tage auf Tauchstation, damit er den Schmerz der Lücke fühlen kann, und dann wirfst du dich noch einmal in die Charmeoffensive ... und zwar vorwurfsfrei, hörst du?“ Letzteres scheint ihr besonders wichtig, denn im Zuge von Beratungsausflügen beim anderen Geschlecht checkte sie, dass Männer an Frauen, abgesehen von der Frage „Was ist das jetzt eigentlich für dich?“, ganz besonders diese „Immer hast du nicht“-Kaskaden nicht ausstehen können. Zwischendurch murmelt sie nur, erschöpft vom therapeutischen Beiwohnen: „Bin ich froh, dass ich Single bin ...“ Da ich mir angesichts des Desillusionierungsgrads Sorgen um meine zukünftigen Enkelkinder mache, schreie ich: „Du bist viel zu jung für Zweisamkeits-Agonie.“ Sie sah mich sehr streng an und sagte: „Dafür, dass man sich nichts gefallen lässt, ist man nie zu jung.“

www.polly.adler.at

polly.adler@kurier.at

Kommentare