Generation Kein Mitleid

Was Taylor Swift, Justin Bieber und Twilight aus jungen Menschen macht.
Polly Adler

Polly Adler

Nein, ich gehöre nicht zu jener Art von Frauen, die sich in einer weißen Hemdbluse und barfuß in die Dünen setzen und behaupten, dass es vollsuper ist, immer älter zu werden. Und dazu vielleicht noch ein paar Sätze aus der „Ich-habe-meine-Mitte-gefunden“ oder „Ich-muss-niemandem-mehr-etwas-beweisen“-Schublade ins Publikum schleudern. Das ist doch alles so verlogen, wie die Behauptung, dass ihre Gesichtchen nur mit Ananas-Smoothies und Meditation in Topform bleiben. Ich merke ständig, dass alles nicht wie früher ist. Ich bleibe beim Zappen bei Naturdokus über Schwarzadler hängen, weil ich das beruhigend finde. Ich habe Rispentomaten in Oma-Gläser eingekocht. Ich bin bereits eineinhalb Stunden vor Abflug auf den Flughäfen. Früher hätte ich alles unter einer Lautsprechermahnung, zum Gate zu kommen, für unsportlich erachtet. Zum Geburtstag bestellen meine Freundinnen nicht mehr einen brasilianischen Stripper in Polizeiuniform, der mir ans Allerheiligste fassen will. Riesenaltersvorteil. Ich liebe den Morgen. Ich lerne den Schlaf vor Mitternacht persönlich kennen. Ich fange nicht gleich an zu kotzen, wenn jemand das Wort „Wandern“ in den Mund nimmt. Ich bin ehrlich froh, dass ich nicht Madonna bin, die noch immer in Latex stangenturnt. Die Frau sah noch nie so alt aus, wie bei ihren verzweifelten Versuchen, jung zu wirken. Und ich bin dankbar. Dankbar in einer Zeit sozialisiert worden zu sein, für die die „Talking Heads“ und „Les Rita Mitsouko“ den Sound kreierten und man nicht bis 25 bei seinen Eltern wohnte, weil man nämlich lieber in Kagran geputzt hätte, als eine solche Weichei-Existenz zu fristen. Aber was soll man von einer Generation erwarten, die freiwillig Taylor Swift und Justin Bieber hört, die Kardashians für originell und „Twilight“-Saga für Literatur hält? In jedem Fall kein Mitleid.polly.adler@kurier.at

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