Erfüllende Leeren
Erschieß doch auch ein paar Teelichter und diesen Porzellan-Fisch
So. Entrümpelung volle Kraft voraus. Nein, fliederfarbene Capri-Hose, ich brauche dich in diesem Leben nicht mehr, tschüss, ihr Ratgeber „Was Männer sagen, wenn sie schweigen“ oder „Smart Women – Foolish Choices“. Adieu, du pinke Straußenfeder-Boa, vielleicht kannst du ja eine transdanubische Dragqueen glücklich machen. Pfiat di Gott, du Fiebertraum von einer anthrazitfarbenen Lederhose – habe ich dich eigentlich damals für meine Barbie gekauft? Die Größe zeugt nämlich von einer gewissen Realitätsverweigerung. Nachdem ich all das Zeug der quietschfidelen Präsidentin eines Raumpflegerinnen-Netzwerks vor die Tür gekippt habe, durchflutet mich eine Welle der Erleichterung. Leere kann ja so erfüllend sein. Ich verpasse mir den Künstlernamen Franzi von Assisi. Manche Menschen gehen ja soweit, dass sie sich der Beamtung der Volkswirtschaft total verschließen. Sie nennen sich Freeganer. Wahrscheinlich haben sie ein irrwitzig aufregendes Sexualleben, das dieses Konsum-Detoxing kompensiert. „Erschieß doch auch ein paar Teelichter und diesen Porzellan-Fisch“, sagt ein Freund, der ein echter Purismus-Johnny ist und dessen Bleibe auch als Think-Tank für Zen-Buddhisten durchgehen könnte, „ihr Weiber habt's ja alle so einen Dekowahn. Ständig muss alles so niedlich sein.“ – „Das ist das Nestchenbauer-Gen, das uns die Evolutionsbiologie vor drei Millionen Jahren in die DNA tätowiert hat“, rufe ich und werfe mich vor den Lavendel-Strauß, der meiner Kombüse das Flair einer französischen Landhaus-Küche verleihen soll, „die rührst du mir nicht an. Und sei dankbar. Ich könnte auch stolze Besitzerin einer Plüschtier-Sammlung sein oder Alben für getrocknete Blumenblätter anlegen.“ – „Igitt, wer macht denn sowas?“ – „Fürstin Gracia in der Endphase ihres Lebens ...“ – „Wenn man einmal so ausgesehen hat, ist auch das erlaubt.“
Finde ich das gerecht?
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