Richtiger Damenspitz und falscher Mann?

Warum es klug ist, Blödsinn zu machen.
Polly Adler

Polly Adler

Die Schauspielerin, um deren Gunst sich die Sendeanstalten balgen, saß neben mir und sah hinreißend aus mit ihren 77. Ihre makellose Figur erzählte von Blattsalatbergen, so hoch wie das Ritz, Wasser, Wasser und nichts als Wasser,Tonnen von Schlaf vor Mitternacht, Pilates nach dem Morgengrauen und einem Leben, in dem Entgleisungen höchstens im Schienenverkehr stattfinden durften. Gegen Ende unseres Gespräches stellte ich ihr die Frage: „Haben Sie eigentlich noch nie einen Blödsinn gemacht?“ Sie sah mich so streng wie fragend an. „Na ja, haben Sie irgendwann auf einem Tisch getanzt und sind dann mit einem richtigen Damenspitzerl und dem falschen Mann nach Hause gegangen?“ – „In meinen Rollen ja, im Leben nein“, antwortete sie und seufzte dann: „Möglicherweise werde ich auf meinem Sterbebett verfluchen, dass ich immer so eine tüchtige Person war und sicherlich einiges versäumt habe.“ Ich werde auf meinem Sterbebett mit Sicherheit fluchen wie ein obersibirischer Bierkutscher, aber, nicht aus Blödsinn-Unterlassungsreue, sondern weil ich das Schmäh-Bankerl zusammenklappen muss, ich nie wieder von einem Mann nicht angerufen werden werde, Fleischlaberln mit Erdäpfelpüree dann auf ewig aus sind, der Fortpflanz es auch ohne mich recht lustig haben wird, ich mit E und M nicht mehr so laut kudern kann, dass die Tischnachbarn nach einem neuen Speisesaal verlangen, ich nie wieder über der Alten Donau den Mond fett wie eine Gen-Orange hängen sehe und ganz überhaupt sich der Satz des verstorbenen Theatermenschen Christoph Schlingensief „So schön wie hier kann's im Himmel gar nicht sein“ als Aussage von hohem Wahrheitsgehalt entpuppen wird. Doch wie blödsinnig, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen!

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