Das Klo als Metapher
„Wer von euch ist richtig glücklich?“
Ich versuche meinen Fortpflanz-Phantomschmerz zu killen, indem ich scharenweise junge Menschen in den Adler-Horst treibe. Auch meine Jahrgänge und drunter werden dazugeschmuggelt. Denn ich finde nichts öder, als wenn sich immer nur die gleichen Altersklassen zusammenrotten. Es begab sich also, dass eine wilde Mischung an Menschen sich um Ragout sammelte und die Frage aufpoppte „Wer von euch ist richtig glücklich?“ Schweigen. Dann sagte die Älteste, die gerade eine Via Dolorosa an medizinischem Irrsinn hinter sich gebracht hatte: „Die Tage, an denen ich heuer ohne Schmerzen aufgewacht bin, dachte ich im ersten Moment: Zu blöd aber auch, jetzt bin ich tot. Erst kurz danach durchdrang mich ein Glücksgefühl, weil mir einmal nichts mehr weh tat.“ Die junge Philosophin merkte an, dass die Sehnsucht nach Glück der Zivilisation verlässlichster Energiespender sei, denn im erreichten Zustand des Glücks würde der Mensch gedankenfett werden und seinen Verstand vom Turnunterricht befreien. Ich warf eine abortige Parabel ins Match: „Mein neues Klo macht mich richtig glücklich – während der Baustelle musste ich ständig bei den Nachbarn um Abort-Asyl ansuchen. Ein echtes Glücksregulativ ist, wenn dir Selbstverständlichkeiten abhanden kommen, du sie erst durch ihr Fehlen richtig zu schätzen beginnst, und sie dann plötzlich wieder da sind.“ Das gilt eigentlich für alles – Klos, den Fortpflanz, die Gesundheit, Sardellenpaste in der blau-weißen Tube, Herzensherren, Freundinnen, Kleidergröße 40 und Pepi, die Knäkente von der Alten Donau. Aber prinzipiell sollte man sich auch glücklich schätzen, wenn man von der Jeanslinie des Haute-Couture-Gefühls Glück überflutet wird: der Zufriedenheit. Klingt so langweilig wie vernünftig, ich weiß, ist aber soviel weniger anstrengend als Glück. In dem Sinn: zufriedene Weihnachten!www.pollyadler.at polly.adler@kurier.at
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