Clive-Crush

Der Spuk spätpubertärer Schwärmereien.
Polly Adler

Polly Adler

Ich schämte mich, aber ich fand, dass Clive Owen das heißeste Teil unter der Sonne ist. Auslöser für diese spätpubertäre Schwärmerei gab die grandiose Soderbergh-Serie „The Knick“, wo Clive Owen als suchtzerfressener, monomanischer, bindungsparanoider Starchirurg in einem Jahrhundertwende-Spital Forschungsexzentrik bis über den Anschlag betreibt. Wie er dort Weltekel und Genie in seinen Blick packen konnte, war ganz großes Bubentennis. Ich heilte mich von diesem unwürdigen Clive-Crush mittels Autotherapie. Ich zog mir jede Menge seiner Interviews auf YouTube rein, in denen Owen so durchschnittlich, normal und ergreifend schlicht vor sich hin plapperte, dass sein ganzer Sexappeal auf Smartie-Niveau schrumpfte. Als er von einer Reporterin gefragt wurde, ob es irgendeine dunkle Obsession in seinem Leben gebe, antwortete er unbedarft, dass es so etwas sehr wohl gebe. Er könne kein Spiel des F.C. Liverpool versäumen, wo immer er sich auch gerade befinde. Angesichts soviel Gewöhnlichkeit „war der gräßliche Spuk von mir“, wie Alma Mahler diese Art von Krankheit einmal bezeichnet hatte. Abgesehen davon: Owen hat seit über 20 Jahren eine völlig durchschnittlich aussehende Frau, deren Scheitel sich deutlich lichtet und die zu seinen Gunsten ihre Schauspielkarriere aufgegeben hatte. Extrem sympathisch, extrem unsexy. Das Pierce-Brosnan-Phänomen. Meine Tochter, die sowieso fand, dass Owen ein uninteressanter alter Sack mit „Teddybärenfresse“ wäre, flüsterte mir unlängst: „Mama, du bist nicht alleine. Die Mutter von dem Soundso hat zu Hause einen richtigen Clive-Altar.“ In diesem Moment erinnerte ich mich an ein Interview mit Konstantin Wecker, aus dem er mich mit dem Satz „Man ist nicht annähernd so besonders, wie man glaubt“ entlassen hatte. Ciao, Clive! Es war schön, aber es war.

polly.adler@kurier.at

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