Buddhistische Kampfmaschine

Warum man mit dem Liebsein keine Meter macht.
Polly Adler

Polly Adler

Joan Crawford war die Großmutter aller Furien, eine Fünfsterne-Bitch aus Hollywoods versunkener Welt. Auf der Karte, die mir ein Freund geschickt hatte, erhob sie den unartigen Mittelfinger und fauchte: „My only regret is that I did not tell enough people to fuck off.“ Der Satz brachte mich in die Grübel-Bredouille: War man zu lieb für diese Welt? Einerseits waren wir ja von klein an in Richtung Harmonie und Nur-keine-Wickel-Konsens sozialisiert worden, aber die, die immer verständnistriefend mit dem Kopf wackeln, werden oft nicht für satisfaktionsfähig gehalten. Wenn diese Kopfwackelhaltung dann als besonders weiblich gelobt wird, kriege ich einen Kabelbrand. Ich erinnerte mich, dass ich beim Psychotherapeuten, auf die Frage nach der Zielsetzung unseres Zusammenseins, folgenden Wunsch deponiert hatte: „Bitte bilden Sie mich zu einer buddhistischen Kampfmaschine aus.“ Und tatsächlich: Über die Jahre hab ich mir ein Gelassenheits-Airbag erwirtschaftet. Inzwischen hat sich auch folgende Erkenntnis fest zementiert: Wenn du den Leuten Frechheiten oder gar die Wahrheit an den Kopf wirfst, lächle dabei wie Lady Di in der Verlobungsphase und sei höflich wie eine Salondame aus einer Hofmannsthal-Komödie. Marke: „Ich bin tief beeindruckt und voller Respekt für Ihre Konsequenz, hier den egomanischen Borderline-Bastard zu geben. Mit dieser Leistung kann man es in Metropolen wie Katzelsdorf sicher zu ein paar Theatervorhängen bringen.“ Seinen Zorn sollte man in jedem Fall auf Sparflamme halten. Denn doppelmerke: Wenn eine Frau ausrastet, ist sie eine frustrierte menopausale Zicke, die ihre Hysterien nicht kontrollieren kann. Reagiert ein männlicher Mitbürger so, heißt es, er wäre zielstrebig, fokussiert, natürlich autoritär und einer, der eben weiß, was er will. Und, nein, von Gerechtigkeit war hier nie die Rede.polly.adler@kurier.at

Kommentare