Mit einer Fahne hinter Gittern

Andreas Heidenreich

Andreas Heidenreich

Ein Spaziergang durch Mallemort zeigt: Hier ist nix los. Und genau das gefällt Koller.

von Andreas Heidenreich

über Mallemort

Provinz statt Großstadt, Mallemort statt Paris, wo sechs andere Teams während der EURO einquartiert sind. Es war eine Grundsatzfrage, die Marcel Koller im Jänner 2015 beantworten musste. Wie beim Trainingslager vor zwei Wochen in der Schweiz zieht der Teamchef auch während des Turniers die große Ruhe vor. In Mallemort und ein paar Hundert Meter außerhalb, wo die Österreicher während des Turniers wohnen, gibt es sie. Ein Spaziergang durch den Ort ist schnell erledigt in der Gemeinde, die 6000 Einwohner zählt, in etwa so groß ist wie Grödig oder Altach und die 70 Kilometer nördlich von Marseille liegt.

Mit einer Fahne hinter Gittern
EURO

Wer vom Fußballplatz die Gasse entlang in Richtung Zentrum spaziert, der muss unweigerlich an der Police Municipale vorbei. Und man braucht gar nichts Verwerfliches tun, um der Exekutive aufzufallen, weil sonst niemand da ist. "Bonjour", sagt der Herr Inspektor und grinst aus dem Fenster seines Wachzimmers. Er ist hinter Gittern und hat eine Fahne. Und zwar eine rot-weiß-rote vor seiner Nase, die an die Gitterstäbe geklebt ist.

Ob er zu Österreich hält? "Ja, klar, für ein paar Wochen. Wir sind froh, dass ihr da seid", sagt der freundliche Beamte und bittet uns bei der Tür herein. Der gute Mann, Frédéric sein Name, wirkt ein bisserl wie der Postenkommandant, als er seinem Kollegen Philippe aufträgt, uns einen Kaffee zuzubereiten. Mit so viel Gastfreundschaft musste man nicht rechnen. Ganz offenbar ist man auch bei der Polizei froh, dass sich endlich was tut im Ort. Zu den Trainings der Österreicher rücken sie gemeinsam mit der regionalen Gendarmerie an.

Dirndl und Lederhose

Mit einer Fahne hinter Gittern
EURO

An der Auslage am nächsten Eck wird man von einem bekannten Gesicht angelacht. Die Boutique " Anna Bella" lockt die Gäste aus Österreich mit dem Konterfei von Wolfgang Amadeus Mozart. Ein Dirndl gibt es hier ebenso wie kurze Lederhosen – ab 100 Euro.

Ein paar Meter weiter befindet sich einer der beiden Friseursalons des Ortes. Marie freut sich über den Besuch. Österreich-Fahnen schmücken auch ihre Auslage. Ob ihr unsere Kicker ein Begriff sind? "Oui. Alabaaaa, Arnautovic." Klar, wer sonst? "Ich würde ihnen gerne die Haare schneiden." Na ja, vielleicht lässt sich das einrichten, wenn Rot-Weiß-Rot länger im Turnier bleibt und der Teamchef seinen Sanctus erteilt und den Spielern nicht selbst den Kopf waschen muss. Inklusive Schnitt kostet das 28 Euro bei Marie. Gibt es einen Promi-Bonus? "Noon." Wird er sich leisten können, der Alaba.

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