Vier Euro bedeuten, dass selbst eine Packung Taschentücher dein Budget um ein Viertel schmälert.

von Mag. (FH) Katharina Zach

über die Unmöglichkeit von vier Euro pro Tag zu leben

Ein Supermarkt war für mich immer ein Ort voller lukullischer Verheißungen. Süßigkeiten, frisches Gemüse, Leckereien. Die vergangenen zwei Wochen hingegen erschien er mir als Mahnmal einer real existenten Zweiklassengesellschaft: 95 Prozent der fein hergerichteten Waren waren tabu.

Manche Leser erinnern sich vielleicht: Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, zwei Wochen lang von vier Euro pro Tag zu leben. Anlass war die Diskussion, die Mindestsicherung für Flüchtlinge in Oberösterreich auf 520 Euro zu kürzen.

Und was soll ich sagen: Es ist unmöglich. Meine Hauptnahrungsmittel bestanden aus: Billigem Brot, Reis, Teigwaren, Erdäpfeln, Tiefkühlgemüse, günstigen Fertiggerichten und Angebotsware. Frische Produkte? Fehlanzeige. Meine Bauchschmerzen in den ersten Tagen waren kaum auszuhalten. Richtig schwierig wurde es jedoch, als ich so simple Dinge wie eine neue Zahnbürste oder Hygieneartikel benötigte. Denn vier Euro bedeuten, dass selbst eine Packung Taschentücher vom Diskonter dein Budget um ein Viertel schmälert. An Medikamente ist übrigens nicht zu denken.

Am Schlimmsten ist jedoch der gesellschaftliche Ausschluss. Simple Dinge, wie mit Freunden einen Kaffee trinken zu gehen, wirken wie eine Utopie aus einem anderen Leben. Sollen so Flüchtlinge in unsere Gesellschaft integriert werden? Ist so ein selbstbestimmtes Leben möglich?

So weit brauche man gar nicht zu schauen, ließen mich Leser wissen. Frau L. berichtet von einer berufstätigen Bekannten, die nur zehn Euro pro Tag zur Verfügung hat. Sie kann sich nicht einmal eine Packung Orangensaft gönnen, wenn sie Lust darauf hat. Leser B. kennt eine Frau, der nach 40 Jahren harter Arbeit gerade einmal 931 Euro Pension zustehen. Die Schwester von Herrn P. erhält gar nur 800 Euro.

Solche Berichte machen mich ebenfalls betroffen. Das Problem ist aber nicht, dass Flüchtlinge zu viel bekommen, sondern weite Teile der Bevölkerung zu wenig. Eines ist gewiss: Niemandem geht es besser, wenn es andern noch schlechter geht.

eMail: katharina.zach@kurier.at

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