Geld auf Knopfdruck
Ich bin emotional erpressbar. Drücke meine Knöpfe, ich drücke dir Geld in die Hand.
Nun haben sie also die Landeshauptstadt St. Pölten erreicht. Spendenkeiler, wie man sie bisher nur von den Wiener Einkaufsmeilen kennt. Die Aufregung der Mariahilfer Straßen-Unerfahrenen ist groß – und ich kann sie zum Teil nachvollziehen. Spenden ist ein freiwilliger Akt. Wer sich unter Druck gesetzt fühlt, spendet nicht gerne.
Ein schönes Beispiel sind die "hast du fünf Minuten Zeit, die Welt zu retten"-Menschen, die mit einem breiten Grinsen im Gesicht in den Weg hüpfen wie ein Gummiball auf Ecstasy. Ist das wirklich notwendig? Gut, in manchen Fällen offenbar schon. Immerhin bin ich so zu meiner Tigerpatenschaft gekommen.
Das führt mich zu meinem Dilemma: Ich bin gegen meinen Willen emotional erpressbar. Drücke meine Knöpfe, ich drücke dir Geld in die Hand. Mein einziger Weg, dem auszuweichen? Ausweichen. Eben wegen dieses Dilemmas meide ich auch seit drei Monaten meinen Supermarkt um die Ecke.
Dort ist nämlich Folgendes passiert: Seit jeher steht vorm Eingang eine Dame mit Zeitschriften. In der Vergangenheit grüßte sie mich mit Namen, ich gab ihr meist ein paar Münzen. Die spenden- und lächelnbasierte Bekanntschaft ging so lange gut, bis sie einmal in Tränen ausbrach. Von Krankheit in der Familie erzählte sie. Von einer Operation, die bezahlt werden muss. Ich wollte helfen und gab ihr 50 Euro. Doch schon am nächsten Tag weinte sie wieder – und bat erneut um Geld. Seither brach sie regelmäßig in Tränen aus, wenn sie mich kommen sah. Manchmal folgte sie mir bis zum Auto.
Die Frau hatte mich durchschaut und ich wollte irgendwann nicht mehr spenden. Doch das ist ein schlechter Zugang: Menschen in Not brauchen Hilfe. Hilfsvereine raten, sich eine vertrauenswürdige Organisation zu suchen und dort zu spenden. Das werde ich machen – ganz ohne Keiler. Und vielleicht schaffe ich es dann auch wieder in meinen Supermarkt. Ein Euro für den Wagerl-Reicher vorm nächsten Geschäft wird auch noch drin sein.
eMail: katharina.zach@kurier.at
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