Journalisten bezahlen, aber nicht kaufen

Das Internet gefährdet den Journalismus, weil die Plattformen Inhalte vertreiben, die andere bezahlen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

„Kriegsreporter wie mich wird es nicht mehr geben, wenn wir die Netzgiganten wie Google und Facebook nicht stoppen“, fürchtet Sammy , Bürochef der französischen Nachrichtenagentur AFP in Bagdad. Das ist ein Hilferuf eines mutigen Mannes, der viele gefährliche Situationen erlebt hat. 40 Jahre lang war Ketz Reporter, und er beschreibt sehr eindrucksvoll, wie er auf die Idee kam, unter Journalisten eine Initiative zum Schutz von Urheberrechten zu gründen, der sich auch der KURIER angeschlossen hat.

Die Initiative von Ketz verlangt vom Europäischen Parlament, endlich die Leistungen von Medien anzuerkennen: „Sie entsenden Journalisten, die ihr Leben riskieren, um ein zuverlässiges, vollständiges und vertrauenswürdiges Nachrichtenangebot zu produzieren. Aber die Profite streichen die US-Plattformen ein, die sich bedienen, ohne einen Cent zu bezahlen“. Die europäischen Steuerzahler sehen nichts von den Milliardengewinnen von Google, Facebook und Co, die auch mit Werbung in Europa gemacht werden. Nur die Lobbyisten verdienen Geld, die Politikern einreden, dass durch ein faires System die Freiheit im Netz eingeschränkt würde. Das ist eine Lüge. Umgekehrt – die Netzriesen üben Zensur aus, indem sie gewisse Inhalte zurückhalten. Medienhäuser und Journalisten kämpfen gegen Zensur.

Das Internet hat ja nicht nur die Medien verändert, sondern generell jede Form der Information, auch der politischen. Die Parteizeitungen sind den Weg alles irdischen gegangen, nun wollen Politiker und Parteien diese zu digitalem Leben erwecken. Propaganda wird hinter journalistischen Produkten versteckt – oft noch schlimmer: Üble Manipulation und auch Hetze. Am Schlimmsten aber ist das Zusammenwirken von gewissen Medien mit Politikern, indem sie ungeprüft deren Propaganda verbreiten. Der FPÖ-Klubobmann Gudenus hat einen angeblichen Terror-Sympathisanten an den digitalen Pranger gestellt, Zeitungen haben das einfach übernommen – der KURIER nicht. Und wer hilft dem Opfer?

Keine Demokratie ohne unabhängige Medien

Auch anständige Medien stehen durch die vielen Informationen im Netz vor großen Herausforderungen. Da wird per Twitter ein Video gezeigt, wo Ausländer beschimpft und gejagt werden. Ist das wirklich in Chemnitz passiert? Wann ? Wurde manipuliert? Im konkreten Fall hat der Staatsanwalt später erklärt, dass es keinen Hinweis auf eine Fälschung gibt, aber seriöse Medien müssen die vielen Quellen, die es nun digital gibt, in Ruhe und noch genauer prüfen. Das alles hat mit „links“ oder „rechts“ nichts zu tun, sondern mit Seriosität.

Hier kommt wieder die Initiative von Sammy Ketz ins Spiel: Medienhäuser brauchen genügend Geld, um professionelle und unabhängige Journalisten arbeiten zu lassen. Das Geld ziehen aber die US-Konzerne ab, derer sich extremistische Politiker besonders gerne bedienen. Die Lage ist dramatisch: Ohne unabhängige Medienhäuser geht die liberale Demokratie schneller zu Ende, als wir heute glauben. Freilich: Manche wollen genau das.

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