Ignoranten und Wahnsinnige

Ignoranten und Wahnsinnige
Isabella Zins

Isabella Zins

Wie lange noch werden die Österreicher mit Behauptungen weichgeklopft?

von Mag. Isabella Zins

über die aktuelle Debatte um eine Bildungsreform und die Gesamtschule

Wer sich in Budgetloch-Zeiten eine Gesamtschule ohne Leistungsgruppen bei gleichzeitiger Abschaffung von Gymnasien und sonderpädagogischen Zentren wünscht, handelt grob fahrlässig. Dauert diese leidige Debatte an, wird unser bisher erfolgreiches Bildungssystem endgültig an die Wand gefahren. Das ist meine tiefste Überzeugung. Wie lange noch werden die ÖsterreicherInnen mit unbewiesenen Behauptungen weichgeklopft? Bis endlich flächendeckend „Modellregionen“ eingeführt sind, also Kindern der Besuch eines Gymnasiums definitiv verboten ist? Bis LehrerInnen an der Sisyphusaufgabe der Individualisierung bei völliger Inhomogenität scheitern und noch weniger junge Menschen PädagogInnen werden wollen? Bis potente Geldgeber private Gymnasien gründen, und Bildung, die diesen Namen auch verdient, nur mehr für die Kinder der Reichen leistbar ist? Zur Klarstellung ein paar nachweisbare Fakten, die ich jederzeit belegen kann: Österreichs Bildungsausgaben liegen mit 3,6 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) unter dem OECD-Durchschnitt von 4,0 Prozent.

Guter Durchschnitt

Unter 65 Ländern belegt Österreich bei PISA 2012 die Plätze 18 (Mathematik), 23 (Naturwissenschaften) und 27 (Lesen) und ist damit besser als fast alle skandinavischen Länder, also keinesfalls unterdurchschnittlich. 82 Prozent unserer SchülerInnen sind mit ihrer Schule zufrieden, 77 Prozent halten sie für ideal. Das beweisen sowohl die HBSC-Studien der WHO als auch PISA 2012. Damit liegt Österreich weit vor den Gesamtschulländern Finnland (51 Prozent) oder Italien (32 Prozent). Daher mein dringender Appell: Geben wir unseren Schulen Zeit, die vielen gerade laufenden Reformen (neue Lernkultur, Bildungsstandards, Reifeprüfung, modulare Oberstufe u. v. m.) sinnvoll umzusetzen! Geben wir Eltern und Kindern Entscheidungshilfen für die richtige Schulwahl, z. B. durch zeitgerechte Bekanntgabe der Bildungsstandard-Ergebnisse! Lassen wir PädagogInnen in Ruhe arbeiten und die Talente der Kinder in unserem vielfältigen System bestmöglich fördern! Warten wir den Erfolg der beschlossenen Regierungsmaßnahmen zur Stärkung der Volksschulen ab! Evaluieren wir, wie gut es den Neuen Mittelschulen ohne Leistungsgruppen gelingt, ihre SchülerInnen gleichzeitig auf den Einstieg ins Berufsleben und den Besuch höherer Schulen vorzubereiten!

Zeit des Sparens

Erst wenn all diese Aufgaben erfolgreich bewältigt sind und der Staat wieder mehr Geld für Bildung in die Hand nimmt, lässt sich an tolle neue Schulgebäude mit bester Infrastruktur inklusive Schulküchen und mit vielfältiger innerer Differenzierung überhaupt denken. Denn Baumaßnahmen, kleinere Klassen, zusätzlich notwendige PädagogInnen und das überall sonst in Europa selbstverständliche Unterstützungspersonal sind teuer und in Zeiten von Sparbudgets wohl Illusion. Wollen die ÖsterreicherInnen wirklich, dass die Schuldiskussion von Ignoranten und Wahnsinnigen beherrscht wird?

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