Hey, hast Du Sand im Kopf?

THEMENFOTO - GEWALT GEGEN KINDER UND JUGENDLICHE
Psycho-, Physio, Ergotherapie-Plätze für Kinder sind in Österreich Mangelware. Teilweise gibt es lange Wartezeiten.
Martin Schenk

Martin Schenk

Der neun Jahre alte Stefan wurde auf Anraten der Zahnärztin zur Psychotherapie überwiesen. Da er tagsüber häufig mit den Zähnen knirscht. Weil bereits Zahnschädigungen feststellbar sind. Über das Knirschen machen sich auch schon seine Mitschüler lustig. „Hey, hast Sand im Kopf?“.

Stefan ist ein aufgeweckter, umtriebiger Bub. Er lebt mit seinen Eltern und seinen zwei jüngeren Brüdern auf einem Bauernhof.

In der Schule beim Lernen geht es ihm gut. Lange überlegen die Eltern ob sie das machen sollen.

Lange denkt Stefan darüber nach, was das denn sei, dieses Psychodings. Und wenn der Lukas vom Nachbarhof das mitkriegt, dass er ...?

Selbstwahrnehmung

Aber gegen das Knirschen ist kein Kraut gewachsen. So machen sie sich auf zur ersten Stunde. In der Psychotherapie ist Spannungsregulation das zentrale Thema. Stefan lernt schrittweise, seinen Körper wahrzunehmen. Wo ist Anspannung wichtig und wo Entspannung? In welchen Situationen steigt die Spannung? Womit kann ich mich am besten los lassen?

Die Mutter arbeitet mit und beobachtet ebenfalls, wie Stefan mit Spannungen umgeht. Sie bietet ihm in druckvollen Situationen Beruhigung an. Sie macht ihm z.B. etwas zu trinken und verschafft ihm eine Pause, wenn sie merkt, dass seine Spannung hoch wird, oder sie hält ihm eine Zeit lang seine kleinen Geschwister vom Leib. So lernt Stefan Schritt für Schritt, besser mit seinen Spannungen umzugehen.

Kinder brauchen Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und mit sich selbst nicht mehr zu Recht kommen. Am häufigsten treten Angstzustände auf, gefolgt von depressiven Leiden. Bei Burschen gibt es mehr Selbstverletzungen und Probleme mit Impuls kontrolle, Mädchen sind von Angst häufiger betroffen, besonders gefährdet mit Essstörungen.

Diese Symptome weisen natürlich alle auf ge sellschaftliche Bedingungen, Ursachen und auch Fehlentwicklungen hin. Aber trotzdem: 14 Pro zent der Kinder in Ös terreich brauchen therapeutische Hilfe bei Depression, Angstzuständen, Trauer oder traumatischen Erlebnissen. Kostenlose Psychotherapie für betroffene Kinder gibt es aber viel zu wenig. Besonders schwierig ist das besonders außerhalb der Ballungszentren am Land.

Zu wenig Therapien

Dabei geht es auch um mehr als Psychotherapie: Physio- und Ergotherapie, der Ausbau der frühen Hil fen für Eltern und Baby, mehr Kinderfachärzte und Hebammen, Unter stützung für Kinder mit psychisch kranken Eltern – all das wäre hilfreich. Tau sende Kinder in Ös ter reich erhalten nicht die für sie notwendigen Therapien. Es gibt zu wenig kos tenfreie Plätze oder elendslange Wartezeiten.

Für Stefan war es eine gute Entscheidung. Das Knirschen plagt ihn nicht mehr. Mit seinen Anspannungen wird er umzugehen lernen.

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