Hauptsache, es wird alles anders, egal wie
Jetzt beginnt das Feilschen um eine Regierungsmehrheit und damit um die Macht im Land.
Die Zahl der Italiener in Wien hat in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Früher waren es in der Regel Touristen, die einem begegnet sind; heute leben und arbeiten sie hier quer durch alle Berufsfelder. Hier haben sie einen Job gefunden und oft auch den Mut, eine Familie zu gründen. In ihrer Heimat sinkt hingegen Jahr für Jahr die Geburtenrate, sie liegt mittlerweile bei statistischen 1,39 Kindern pro Frau. Nirgendwo sonst in der EU gibt es so wenig Nachwuchs. Nirgendwo sonst in der EU schieben Paare diese Entscheidung so lange auf: Italienerinnen sind im Schnitt bei der Geburt ihres ersten (meist auch einzigen) Kindes 31.
Die Statistik liefert auch die Gründe: Unter 25 hat knapp jeder dritte Italiener keine Arbeit. Zwischen 25 und 34 Jahren sind es noch immer 18 Prozent , die damit von ihren Eltern abhängig sind. Ein starkes Sozialsystem, das sie wie in Österreich auffängt, gibt es in Italien nicht. Kein Job, kein Geld, keine Wohnung, keine Hoffnung. Und das Vertrauen in das alte politische Establishment ist gering.
Von Silvio Berlusconi, dem alten Mann, der über Jahrzehnte Italien geprägt hat, wollen die Italiener definitiv nichts mehr wissen. Sein Lack ist ab, gerade einmal 14 Prozent konnte der einstige Strahlemann und Blender bei den Wahlen jetzt retten. Mit in den Tiefflug gerieten am Montag sogar die Aktien seines Mediaset-Konzerns.
Die Zeit des 81-jährigen Zampanos ist ebenso vorbei wie die des erst 43-jährigen Matteo Renzi. Der Sozialdemokrat, der noch vor wenigen Jahren als Lichtgestalt der Linken gefeiert worden war, enttäuschte Jung bis Alt bis ins Mark. Er brach seine Versprechen, paktierte mit Berlusconi und gilt als "meistgehasster Mann in Italien".
Alles besser als das Altbekannte
Die Männer des Tages sind Matteo Salvini (44) und Luigi Di Maio (31). Sie sollen, so die Hoffnung frustrierter Italiener, das System aufbrechen, jeder auf seine Art. Salvinis fremdenfeindliche Lega, die das Nord im Namen gestrichen hat, um landesweit auf Stimmenfang zu gehen, punktete vor allem im Norden und bei jenen, die der unkontrollierten Zuwanderung nicht mehr ohnmächtig zuschauen wollen. Di Maio als Frontmann der Fünf-Sterne-Bewegung, der Anti-Establishment-Partei schlechthin, räumte im Süden ab. Das Land ist also einmal mehr zweigeteilt. Klare Machtverhältnisse sind den Italienern nicht vergönnt. Jetzt beginnt das Feilschen um eine Regierungsmehrheit und damit um die Macht im Land. Für die Bürger verheißt das in der Regel nichts Gutes.
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