Mehr kann immer getan werden: Die Pastoral kann neben den Familien und Hausgemeinschaften auch Alleinstehende mehr im Blick haben. Die Bischöfe können konsequent deutliche Worte zur Flüchtlingssituation finden. Christen können sich politisch einbringen: Wie bekämpfen wir die zu erwartende Armut in Österreich, in Europa, weltweit? Michael Landau hat für Österreich eine Solidaritätsmilliarde vorgeschlagen.
Jetzt wäre auch die Zeit, dass die Kirche offensiv zum Gespräch über religiöse Fragen anregt: Wie glaubt man intellektuell redlich in einer Katastrophe an Gott? Wie ertragen wir Leid und Tod, worauf unsere Wohlstandsgesellschaft kaum vorbereitet ist? Wie wahrt man Eigeninteressen, ohne die globale Verantwortung auszublenden? Welche Ethik, welche Werte braucht eine Gesellschaft, deren soziopolitische Ordnung bedroht ist? Worauf dürfen wir begründet hoffen?
von Regina Polak, Professorin f. Praktische Theologie an der Kath.-Theol. Fakultät der Uni Wien
Contra
Wir erleben eine schwere Zeit, in der Menschen Angst haben, sich eingesperrt fühlen. Fragen haben, auf die es kaum Antworten gibt. Wer kann auf unsere ängstlichen Fragen nach der Zukunft und dem Sinn des Leidens eine Antwort geben? Gott!
Der bayrische Ministerpräsident Söder hat die Schirmherrschaft für die große Gebetsaktion „Deutschland betet gemeinsam“ übernommen, und er sagt genau das: Gott gibt uns einen Sinn! Er und Tausende Laien um ihn herum erfüllen derzeit den Raum des Schweigens der offiziellen Kirche.
Ein Schweigen, das mich schmerzhaft berührt. Gerade jetzt warte ich auf die Bischöfe und Priester, die wie zu Pestzeiten oder im Krieg mit dem Allerheiligsten durch die Straßen ziehen. Es gibt tatsächlich einzelne dieser Priester. Dort geht ein Licht auf, und dieses Licht sehe ich auf den Gesichtern vieler Menschen. Zum Beispiel auf dem Gesicht des Busfahrers, der mir zuruft: Ich gehöre nicht zu dieser Religion, aber danke, dass ihr hier seid!
Gott hat uns die Kirche hinterlassen, um durch sie auf die Menschen zuzugehen und durch sie zu sprechen. Zu Ostern, dem größten Fest der Christen, muss die Kirche die Stimme Gottes laut erschallen lassen. Dadurch wird sie wieder zum Sauerteig, der unsere Gesellschaft erneuert und ein Stück des himmlischen Jerusalems bereits auf Erden verwirklichen kann.
Wir können diese Zeit der Beschränkung und der Besinnung als Geschenk auffassen – vielleicht ein Geschenk mit Dornen, aber eines, das unser Herz ansprechen kann, wenn wir es zulassen. Die Stimme Gottes in der Stille, im Schweigen, sogar durch die leeren und zu Ostern geschlossenen Kirchen hindurch.
von Christof T. Zeller-Zellenberg, Redakteur beim Online-Portal Kath.net, Banker und Investor
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