Haben wir aus der Pandemie gelernt?
Dienstagabend war’s, da musste das Gesundheitsministerium eine der emotionalsten Statistiken des Landes korrigieren: die Corona-Toten.
Man habe Verstorbene „nachgemeldet“, hieß es. Und das klang irgendwie, als seien nur Rundungsfehler behoben worden.
Tatsächlich war die Korrektur massiv: 3.412 Patienten wurden „nachgemeldet“. Und damit stieg die Zahl der behördlich bestätigten Covid-Toten seit Pandemiebeginn auf 19.851 – oder um 21 (!) Prozent.
Technisch lässt sich das so erklären: Die Statistik Austria hat die Todesursachenstatistik mit einer anderen wichtigen, aber nicht von ihr geführten Datenbank, dem „Epidemiologischen Melderegister“, verglichen und dabei geprüft, ob Verstorbene mit positivem Covid-19-Test zwischendurch einen Genesungsbescheid bekommen haben. Statistisch gesehen ging es also um Qualitätssicherung – und die können sich Wissenschaft und Staatsbürger ja nur wünschen.
Politisch betrachtet sind die 21 Prozent blanker Irrsinn.
Denn abgesehen davon, dass nachträgliche Korrekturen in einer solchen Höhe Corona-Leugnern reichlich Argumentationsstoff liefern, zeigt sich erneut, was Experten seit Monaten mit einer Mischung aus Wut und Ohnmacht bemängeln: Obwohl Österreichs Behörden und Krankenkassen auf vielen, noch dazu digital vorhandenen Gesundheitsdaten sitzen, werden die wertvollen Informationen im Pandemie-Management nur zögerlich bis gar nicht verknüpft oder verwendet.
Weil es datenschutzrechtlich zu gefährlich wäre, eine zu große Zahl sensibler Informationen zu vernetzen, sagen die einen.
Weil Daten auch immer Macht bedeuten und Bund, Länder und Krankenkassen dem jeweils anderen nicht zuviel Einfluss überlassen wollen, unken andere.
Beides trifft zu, man soll nicht naiv sein.
All das ändert aber nichts daran, dass Österreich beim Pandemie-Management seine vorhandenen Möglichkeiten besser nutzen kann und soll.
Im Gesundheitsministerium wird gerade an einem „Hospitalisierungsregister“ gearbeitet, das anonymisiert wesentliche Informationen von Corona-Patienten verbindet. Wie sieht’s mit Vorerkrankungen oder Impf-Status aus? Mit welcher Corona-Variante wurde der Patient eingeliefert?
Zentrale Kennzahlen wie diese würde das Register standardisiert, flächendeckend und in Echtzeit liefern und Krisenstäblern einiges an Zeit ersparen, weil sie nicht mehr telefonisch in Spitälern nachfragen und hochrechnen müssten, wer gerade mit welchem Impf- und Infektionsstatus wo liegt.
Natürlich kann man im Pandemie-Management weitermachen wie bisher und Daten in digitalen „Silos“ vor sich hinschlummern lassen. In dem Fall sollte man sich aber nicht echauffieren, wenn uns das Virus zwei Schritte voraus bleibt – oder wenn Todesstatistiken nachträglich korrigiert werden.
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