Hol mich ab, K.I.T.T.!

Nicht, dass ich mir als Kind ein eiförmiges Elektrofahrzeug ohne Lenkrad gewünscht hätte.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Nicht, dass ich mir als Kind ein eiförmiges Elektrofahrzeug ohne Lenkrad gewünscht hätte.

von Mag. Simone Hoepke

über Knight Rider

Der Held meiner Kindheit hat mich heimgesucht. Nicht in Albträumen, sondern an einer Verkehrsampel in San Francisco.

Geräuschlos hat er sich von hinten angeschlichen, kam abrupt und aufgeregt blinkend neben mir zu stehen: der selbstfahrende Testwagen von Google.

Nicht, dass ich mir als Kind ein eiförmiges Elektrofahrzeug ohne Lenkrad gewünscht hätte. Ich dachte eher an einen schwarzen Pontiac mit Ledersitzen und einem rot leuchtenden Scanner-Lauflicht an der Wagenfront. Kurz gesagt, ich wollte K.I.T.T., das sprechende Auto aus der Fernsehserie " Knight Rider". Natürlich ging es nicht um sein Äußeres, sondern darum, dass er so g’scheit war. Der Prototyp der künstlichen Intelligenz: Immer aufmerksam, jederzeit bereit, Michael Knight – den Ermittler mit der Problemfrisur – abzuholen. Der keuchte ja verlässlich in jeder Folge "Kumpel, hol mich hier ab!" in seine Armbanduhr. Ein rotes Scanner-Lauflicht und einen Turbo-Boost später hatte das Gute wieder über das Böse gesiegt.

Was in den 1980er-Jahren ins Science-Fiction-Genre gehörte, wird Realität. Nicht nur an Verkehrsampeln in San Francisco.

Mein 70-jähriger Nachbar geht neuerdings abends spazieren. Am Handgelenk trägt er eine neue schwarze Uhr. Sie schaut ein bissl so aus wie jene, die Michael Knight in Knight Rider getragen hat. Und sie spricht mit ihm. Sie scheucht ihn regelrecht von der Couch auf, wenn er tagsüber zu wenig Schritte gemacht hat. Es ist eine Fitnessuhr, die ihm seine Tochter geschenkt hat. Von der lässt er sich nicht sagen, dass er mehr Bewegung machen soll. Von der Uhr schon. Und diese hat hochgesteckte Ziele. Vielleicht denkt sie, dass aus dem Rentner im zweiten Karriereweg noch ein Baywatch-Star wird. So wie aus David Hasselhoff, nach der Zeit von "Knight Rider". Per App informiert die Uhr dann die Tochter über die Trainingserfolge des Vaters. Das ist keine erfreuliche Entwicklung für Menschen mit Verfolgungswahn.

Neulich wurde "Knight Rider" im Fernsehen wiederholt. Mir hat es nicht mehr so gefallen.

Kommentare